Sprache des Dokuments : ECLI:EU:C:2003:147

SCHLUSSANTRÄGE DER FRAU GENERALANWALT

CHRISTINE STIX-HACKL

vom 11. März 2003(1)

Rechtssache C-322/01

Deutscher Apothekerverband e.V.

gegen

1. 0800 DocMorris NV

2. Jacques Waterval

(Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Frankfurt am Main [Deutschland])

„Auslegung der Artikel 28 EG und 30 EG, der Richtlinie 92/28/EWG des Rates über die Werbung für Humanarzneimittel und der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (.Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr‘) - Nationale Rechtsvorschriften, die Lieferungen von Humanarzneimitteln durch in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Apotheken aufgrund individueller Bestellungen von Verbrauchern per Internet beschränken - Verschreibungserfordernis - Verbot der Werbung für den Versandhandel mit Arzneimitteln - .Internetapotheke‘“

Inhaltsverzeichnis

     I - Einleitung

I -

     II - Rechtlicher Rahmen

I -

         A - Gemeinschaftsrecht

I -

             1. Arzneimittelzulassung

I -

                 a) Alte Rechtslage: Richtlinie 65/65/EWG in der Fassung der Richtlinie 93/39/EWG

I -

                 b) Neue Rechtslage: Richtlinie 2001/83/EG

I -

             2. Arzneimittelwerbung

I -

                 a) Alte Rechtslage: Richtlinie 92/28/EWG

I -

                 b) Neue Rechtslage: Gemeinschaftskodex

I -

             3. Fernabsatz

I -

             4. Elektronischer Geschäftsverkehr

I -

                 a) Die Maßnahmen

I -

         B - Nationales Recht

I -

             1. Arzneimittelhandel

I -

             2. Arzneimittelwerbung

I -

     III - Sachverhalt und Ausgangsverfahren

I -

     IV - Vorlagefragen

I -

     V - Zur ersten Vorlagefrage

I -

         A - Nicht zugelassene Arzneimittel: Vorlagefragen 1, 1a) und 1b)

I -

             1. Grundsätzliche Anwendbarkeit der Richtlinie 97/7 auf das verfahrensgegenständliche Versandhandelsverbot

I -

                 a) Vorbringen der Beteiligten

I -

                 b) Würdigung

I -

             2. Regelungsbefugnis der Mitgliedstaaten: Grenzen aus der Warenverkehrsfreiheit

I -

                 a) Anwendbarkeit der Warenverkehrsfreiheit: Versandhandelsverbot als Verkaufsmodalität?

I -

                     i) Vorbringen der Beteiligten

I -

                     ii) Würdigung

I -

                     -    Beispiele für Verkaufsmodalitäten in der bisherigen Rechtsprechung

I -

                     -    Geltung für alle Wirtschaftsteilnehmer, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben

I -

                     -    Wirkung auf den Absatz der Erzeugnisse

I -

                     -    Entscheidender Aspekt: Wirkung auf den Marktzugang

I -

                     -    Ausweichmöglichkeiten für den Marktzugang: Bestehen anderer Vertriebsformen

I -

                     - Beweislast für das Vorliegen einer Beschränkung

I -

                     iii) Zwischenergebnis zu den Vorlagefragen 1 und 1a)

I -

                 b) Mögliche Rechtfertigung des Versandhandelsverbotes (Vorlagefrage 1b)

I -

                     i) Vorbringen der Beteiligten

I -

                     ii) Würdigung

I -

                     - Rechtfertigungsgrund für die Maßnahme

I -

                     - Verhältnismäßigkeit der Maßnahme

I -

                     - Eignung der nationalen Maßnahme

I -

                     - Erforderlichkeit der nationalen Maßnahme

I -

                     - Angemessenheit der nationalen Maßnahme

I -

                     iii) Zwischenergebnis zu Vorlagefrage 1 b)

I -

         B - Zugelassene Arzneimittel: Vorlagefrage 1c)

I -

             1. Vorbringen der Beteiligten

I -

             2. Würdigung

I -

                 a) Gefahr der Umgehung nationaler Vorschriften

I -

                 b) Verhältnismäßigkeit des Versandhandelsverbotes

I -

                     i) Beurteilung im Hinblick auf die mit dem Versandhandelsverbot verfolgten Ziele

I -

                     - Fehlen einer qualifizierten Beratung?

I -

                     - Notwendigkeit der Sicherung des Patientenschutzes bei der Auslieferung der Arzneimittel

I -

                     - Notwendigkeit der Sicherstellung einer flächendeckenden und bedarfsgerechten Versorgung

I -

                     ii) Darlegungslast des betreffenden Mitgliedstaats

I -

                     iii) Zwischenergebnis zur Vorlagefrage 1c)

I -

     VI - Zur zweiten Vorlagefrage

I -

         A - Vorlagefragen 2 und 2a)

I -

             1. Vorlagefrage 2: Verbot der Werbung für den Arzneimittelversand und der Werbung für bestimmte Arzneimittel

I -

                 a) Vorbringen der Beteiligten

I -

                 b) Würdigung

I -

                     i) Werbeverbot für den Arzneimittelversand

I -

                     ii) Werbeverbot für im Einfuhrstaat nicht zugelassene Arzneimittel

I -

                     iii) Werbeverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel

I -

             2. Vorlagefrage 2a) - Internet-Präsentation als Öffentlichkeitswerbung?

I -

                 a) Vorbringen der Beteiligten

I -

                 b) Würdigung

I -

             3. Zwischenergebnis

I -

         B - Vorlagefrage 2b): Teile des Internetauftritts als Verkaufskatalog und/oder Preisliste?

I -

             1. Vorbringen der Beteiligten

I -

             2. Würdigung

I -

             3. Zwischenergebnis

I -

         C - Dienstleistungsfreiheit

I -

             1. Vorbringen der Beteiligten

I -

             2. Würdigung

I -

     VII - Zur dritten Vorlagefrage

I -

             1. Vorbringen der Beteiligten

I -

             2. Würdigung

I -

     VIII - Ergebnis

I -

I - Einleitung

1.
    Im vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen geht es um so genannte Internet-Apotheken, und zwar um die Frage, ob die Mitgliedstaaten Lieferungen von Arzneimitteln durch in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Apotheken aufgrund individueller Bestellungen von Verbrauchern per Internet beschränken dürfen. Dabei geht es insbesondere um die Auslegung der Warenverkehrsfreiheit und einer Reihe von Bestimmungen des abgeleiteten Rechts.

II - Rechtlicher Rahmen

A - Gemeinschaftsrecht

1. Arzneimittelzulassung

a) Alte Rechtslage: Richtlinie 65/65/EWG in der Fassung der Richtlinie 93/39/EWG

2.
    Die zentralen Vorschriften über die Arzneimittelzulassung finden sich in der Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten(2) in der Fassung der Richtlinie 93/39/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Änderung der Richtlinien 65/65/EWG, 75/318/EWG und 75/319/EWG betreffend Arzneimittel(3) (im Folgenden: Richtlinie 65/65). Deren Artikel 3 bestimmt:

„Ein Arzneimittel darf in einem Mitgliedstaat erst dann in den Verkehr gebracht werden, wenn von der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats nach dieser Richtlinie eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde oder wenn eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln erteilt wurde.

Die Bestimmungen dieser Richtlinie berühren nicht die Zuständigkeiten der Behörden der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Festsetzung der Arzneimittelpreise und ihrer Einbeziehung in den Anwendungsbereich der innerstaatlichen Krankenversicherungssysteme aufgrund gesundheitlicher, wirtschaftlicher und sozialer Bedingungen.“

b) Neue Rechtslage: Richtlinie 2001/83/EG

3.
    Mit Wirkung vom 18. Dezember 2001 wurde die Richtlinie 65/65 durch die Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel(4) (im Folgenden: Gemeinschaftskodex) ersetzt. Artikel 6 Absatz 1 des Gemeinschaftskodex lautet:

„Ein Arzneimittel darf in einem Mitgliedstaat erst dann in den Verkehr gebracht werden, wenn von der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats nach dieser Richtlinie eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde oder wenn eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 erteilt wurde.“

2. Arzneimittelwerbung

a) Alte Rechtslage: Richtlinie 92/28/EWG

4.
    Einschlägig ist diesbezüglich die Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel(5) (im Folgenden: Richtlinie 92/28).

5.
    Deren Artikel 1 Absatz 3 und Absatz 4 lauten:

„(3) Im Sinne dieser Richtlinie gelten als .Werbung für Arzneimittel‘ alle Maßnahmen zur Information, zur Marktuntersuchung und zur Schaffung von Anreizen mit dem Ziel, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern; sie umfasst insbesondere:

-    die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel,

-    die Arzneimittelwerbung bei Personen, die zur Verschreibung oder zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigt sind,

-    den Besuch von Arzneimittelvertretern bei Personen, die zur Verschreibung oder zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigt sind,

-    die Lieferung von Arzneimittelmustern,

-    Anreize zur Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln durch das Gewähren, Anbieten oder Versprechen von finanziellen oder materiellen Vorteilen, sofern diese nicht von geringem Wert sind,

-    das Sponsern von Verkaufsförderungstagungen, an denen Personen teilnehmen, die zur Verschreibung oder zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigt sind,

-    das Sponsern wissenschaftlicher Kongresse, an denen Personen teilnehmen, die zur Verschreibung oder zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigt sind, insbesondere die Übernahme der Reise- und Aufenthaltskosten dieser Personen.

(4) Diese Richtlinie betrifft nicht

-    die Etikettierung und die Packungsbeilage für Arzneimittel, die den Bestimmungen der Richtlinie 91/27/EWG unterliegen,

-    den Schriftwechsel und gegebenenfalls alle Unterlagen, die nicht Werbezwecken dienen und die zur Beantwortung einer konkreten Anfrage über ein bestimmtes Arzneimittel erforderlich sind,

-    die konkreten Angaben und die Unterlagen, die beispielsweise Änderungen der Verpackung, Warnungen vor unerwünschten Nebenwirkungen im Rahmen der Arzneimittelüberwachung sowie Verkaufskataloge und Preislisten betreffen, sofern diese keine Angaben über das Arzneimittel enthalten,

-    Informationen über die menschliche Gesundheit oder Krankheiten, sofern darin auch nicht in indirekter Weise auf ein Arzneimittel Bezug genommen wird.“

6.
    Artikel 2 Absatz 1 lautet:

„Die Mitgliedstaaten untersagen die Werbung für ein Arzneimittel, für dessen Inverkehrbringen keine Genehmigung nach den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft erteilt worden ist.“

7.
    Artikel 3 sieht u. a. vor:

„(1) Die Mitgliedstaaten verbieten die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel, die

-    gemäß der Richtlinie 91/26/EWG nur auf ärztliche Verschreibung abgegeben werden dürfen,

-    psychotrope Substanzen oder Suchtstoffe im Sinne der internationalen Übereinkommen enthalten,

-    gemäß Absatz 2 nicht Gegenstand von Werbung in der Öffentlichkeit sein dürfen.

(2) Für Arzneimittel, die nach ihrer Zusammensetzung und Zweckbestimmung so beschaffen und konzipiert sind, dass sie ohne Tätigwerden eines Arztes für die Diagnose, Verschreibung oder Behandlung verwendet werden können, erforderlichenfalls nach Beratung durch den Apotheker, kann Öffentlichkeitswerbung erfolgen.“

b) Neue Rechtslage: Gemeinschaftskodex

8.
    Mit Wirkung vom 18. Dezember 2001 wurde die Richtlinie 92/28 durch den Gemeinschaftskodex ersetzt.

9.
    Artikel 86 des Gemeinschaftskodex hat im Wesentlichen denselben Wortlaut wie Artikel 1 Absätze 3 und 4 der Richtlinie 92/28.

10.
    Artikel 87 des Gemeinschaftskodex, der Artikel 2 der Richtlinie 92/28 ersetzt, lautet:

„(1) Die Mitgliedstaaten untersagen die Werbung für ein Arzneimittel, für dessen Inverkehrbringen keine Genehmigung nach den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft erteilt worden ist.

(2) Alle Elemente der Arzneimittelwerbung müssen mit den Angaben in der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels vereinbar sein.

(3) Die Arzneimittelwerbung

-    muss einen zweckmäßigen Einsatz des Arzneimittels fördern, indem sie seine Eigenschaften objektiv und ohne Übertreibung darstellt;

-    darf nicht irreführend sein.“

11.
    Artikel 88 enthält eine Artikel 3 der Richtlinie 92/28 ähnliche Vorschrift.

3. Fernabsatz

12.
    Hinsichtlich des Fernabsatzes ist die Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (im Folgenden: Richtlinie 97/7)(6) einschlägig.

13.
    Artikel 14 der Richtlinie 97/7 lautet:

„Die Mitgliedstaaten können in dem unter diese Richtlinie fallenden Bereich mit dem EG-Vertrag in Einklang stehende strengere Bestimmungen erlassen oder aufrechterhalten, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher sicherzustellen. Durch solche Bestimmungen können sie im Interesse der Allgemeinheit den Vertrieb im Fernabsatz für bestimmte Waren und Dienstleistungen, insbesondere Arzneimittel, in ihrem Hoheitsgebiet unter Beachtung des EG-Vertrags verbieten.“

4. Elektronischer Geschäftsverkehr

14.
    Für den elektronischen Handel ist die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“(7), im Folgenden: E-Commerce-Richtlinie) einschlägig.

15.
    Der elfte Erwägungsgrund der E-Commerce-Richtlinie lautet:

„Diese Richtlinie lässt das durch Gemeinschaftsrechtsakte eingeführte Schutzniveau, insbesondere für öffentliche Gesundheit und den Verbraucherschutz, unberührt. ... Zum Rechtsstand auf Gemeinschaftsebene, der uneingeschränkt für die Dienste der Informationsgesellschaft gilt, gehören insbesondere auch die Richtlinien ... und die Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel.“

16.
    Ihr Artikel 1 lautet auszugsweise:

„(1) Diese Richtlinie soll einen Beitrag zum einwandfreien Funktionieren des Binnenmarktes leisten, indem sie den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft zwischen den Mitgliedstaaten sicherstellt.

(2) Diese Richtlinie sorgt, soweit dies für die Erreichung des in Absatz 1 genannten Ziels erforderlich ist, für eine Angleichung bestimmter für die Dienste der Informationsgesellschaft geltender innerstaatlicher Regelungen, die den Binnenmarkt, die Niederlassung der Diensteanbieter, kommerzielle Kommunikationen, elektronische Verträge, die Verantwortlichkeit von Vermittlern, Verhaltenskodizes, Systeme zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten, Klagemöglichkeiten sowie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten betreffen.

(3) Diese Richtlinie ergänzt das auf die Dienste der Informationsgesellschaft anwendbare Gemeinschaftsrecht und lässt dabei das Schutzniveau insbesondere für die öffentliche Gesundheit und den Verbraucherschutz, wie es sich aus Gemeinschaftsrechtsakten und einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zu deren Umsetzung ergibt, unberührt, soweit die Freiheit, Dienste der Informationsgesellschaft anzubieten, dadurch nicht eingeschränkt wird.“

17.
    Artikel 3 sieht u. a. vor:

„(2) Die Mitgliedstaaten dürfen den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat nicht aus Gründen einschränken, die in den koordinierten Bereich fallen.

(4) Die Mitgliedstaaten können Maßnahmen ergreifen, die im Hinblick auf einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft von Absatz 2 abweichen, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a) Die Maßnahmen

i) sind aus einem der folgenden Gründe erforderlich:

-    ...,

-    Schutz der öffentlichen Gesundheit,

-    ...,

-    Schutz der Verbraucher, einschließlich des Schutzes von Anlegern;

ii) betreffen einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft, der die unter Ziffer i) genannten Schutzziele beeinträchtigt oder eine ernsthafte und schwerwiegende Gefahr einer Beeinträchtigung dieser Ziele darstellt;

iii) stehen in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Schutzzielen.“

18.
    Artikel 5 und 6 legen dem Anbieter von elektronischen Diensten eine Reihe von Informationspflichten auf. Artikel 10 normiert die Verpflichtung, dem Verbraucher bestimmte Angaben zugänglich zu machen.

B - Nationales Recht

1. Arzneimittelhandel

19.
    Die wesentlichen Bestimmungen für den Arzneimittelhandel finden sich im deutschen Arzneimittelgesetz(8) (im Folgenden: AMG).

20.
    § 43 Absatz l AMG statuiert im Wesentlichen ein Verbot des Versandhandels mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Er lautet:

„Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1, die nicht durch die Vorschriften des § 44 oder der nach § 45 Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnung für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, dürfen außer in den Fällen des § 47 berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden. Außerhalb der Apotheken darf außer in den Fällen des Absatzes 4 und des § 47 Abs. 1 mit den nach Satz 1 den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln kein Handel getrieben werden.“

21.
    Das AMG sieht eine Reihe von Ausnahmen vor, die aber im Ausgangsverfahren nicht zur Anwendung kamen. § 44 AMG normiert für verschiedene Arzneimittel Ausnahmen vom Vertrieb über Apotheken. § 45 Absatz 1 AMG enthält eine Ermächtigung des zuständigen Bundesministeriums zur Freigabe für den Verkehr außerhalb der Apotheken. § 47 AMG sieht die Abgabe von Arzneimitteln außerhalb von Apotheken u. a. an Krankenhäuser und Ärzte vor.

22.
    Das AMG sieht des Weiteren ein Verbringungsverbot vor. Dieses wird im Abschnitt „Einfuhr und Ausfuhr“, und zwar in § 73, normiert. Dessen Absatz l lautet auszugsweise:

„(1) Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder zur Registrierung unterliegen, dürfen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes, ausgenommen in andere Zollfreigebiete als die Insel Helgoland, nur verbracht werden, wenn sie zum Verkehr im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassen oder registriert oder von der Zulassung oder der Registrierung freigestellt sind und

1. der Empfänger in dem Fall des Verbringens aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum pharmazeutischer Unternehmer, Großhändler oder Tierarzt ist oder eine Apotheke betreibt oder

...“

23.
    § 73 Absatz 2 Nr. 6a AMG sieht davon eine Ausnahme für Arzneimittel vor, die „im Herkunftsland in Verkehr gebracht werden dürfen und ohne gewerbs- oder berufsmäßige Vermittlung in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bezogen werden“.

24.
    Das vorlegende Gericht legt die nationalen Vorschriften dahin aus, dass diese Ausnahmevorschrift des § 73 Absatz 2 Nr. 6a des AMG zugunsten der Beklagten im vorliegenden Fall nicht eingreift. Sowohl die systematische Auslegung dieser Ausnahmevorschrift als auch der sich aus den Gesetzesmaterialien ergebende Zweck des Gesetzes sprächen für eine restriktive Auslegung dieser Vorschrift, die den gewerbsmäßigen grenzüberschreitenden Massenhandel mit Humanarzneimitteln aufgrund von Bestellungen über das Internet gerade nicht erfassen soll.

25.
    Nach Auffassung der deutschen Regierung soll die Einfügung „ohne gewerbs- oder berufsmäßige Vermittlung“ verhindern, dass die Einzeleinfuhr nicht zugelassener Arzneimittel dergestalt ausgeweitet wird, dass die Zulassungspflicht unterlaufen wird.

2. Arzneimittelwerbung

26.
    § 3a des deutschen Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (im Folgenden: HWG)(9) verbietet die „Werbung für Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen und nicht nach arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen sind oder als zugelassen gelten“.

27.
    § 8 HWG lautet:

„(1) Unzulässig ist eine Werbung, die darauf hinwirkt, Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist, im Wege des Versandes zu beziehen. Dieses Verbot gilt nicht für eine Werbung, die sich auf die Abgabe von Arzneimitteln in den Fällen des § 47 des Arzneimittelgesetzes bezieht.

(2) Unzulässig ist ferner die Werbung, Arzneimittel im Wege des Teleshopping oder bestimmte Arzneimittel im Wege der Einzeleinfuhr nach § 73 Abs. 2 Nr. 6a oder § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes zu beziehen.“

28.
    Damit soll nach Auffassung der deutschen Regierung verhindert werden, dass die Einzeleinfuhr nicht zugelassener Arzneimittel durch Werbemaßnahmen so ausgeweitet wird, dass das auf eine Umgehung der Zulassungsvorschriften hinausläuft.

§ 10 HWG lautet:

„(1) Für verschreibungspflichtige Arzneimittel darf nur bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworben werden.

(2) Für Arzneimittel, die dazu bestimmt sind, bei Menschen die Schlaflosigkeit oder psychische Störungen zu beseitigen oder die Stimmungslage zu beeinflussen, darf außerhalb der Fachkreise nicht geworben werden.“

III - Sachverhalt und Ausgangsverfahren

29.
    Zu den satzungsmäßigen Aufgaben des Deutschen Apothekerverbandes e.V. (im Folgenden: Apothekerverband) gehört die Wahrung und Förderung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen der Apothekerschaft. Mitglieder sind die Landesapothekerverbände und -vereine, die wiederum mehr als 19 000 Apothekenleiter repräsentieren.

30.
    Die 0800 DocMorris NV (im Folgenden: DocMorris) ist eine niederländische Apotheke mit Sitz in Kerkrade, Niederlande. Herr Jacques Waterval ist Apotheker und einer der gesetzlichen Vertreter von DocMorris. Er ist zudem einer der Initiatoren der so genannten „Internet-Apotheke“ einer der Leiter der Redaktion sowie der Leiter des Expertenbeirates der „Internet-Apotheke“.

31.
    Seit 8. Juni 2000 bieten DocMorris und Herr Waterval unter der Internetadresse „www.0800DocMorris.com“ rezeptpflichtige und nicht rezeptpflichtige Humanarzneimittel auch in deutscher Sprache für den Endverbraucher in Deutschland an. Dabei handelt es sich teilweise um in Deutschland zugelassene, zum größten Teil um in einem anderen Mitgliedstaat zugelassene Arzneimittel. Das Internet-Portal von DocMorris verweist zunächst auf ein Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 9. November 2000, welches den gewerbsmäßigen Versandhandel von apothekenpflichtigen Arzneimitteln an Endverbraucher in der Bundesrepublik Deutschland sowie die darauf ausgerichtete Werbung in einem Eilverfahren vorläufig untersagt hat. Dieses Urteil ist auf die Berufung von DocMorris und Herrn Waterval durch das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 31. Mai 2001 im Wesentlichen bestätigt worden.

Der weitere Internet-Auftritt der Beklagten unterteilt sich in die Rubriken „Apotheke“, „Gesundheitsforum“, „Über uns“, „Kontakt“ und „Hilfe“. Der Endverbraucher kann sich dabei im so genannten „Patientenforum“ mit anderen Verbrauchern über das Internet austauschen. Als Sprache kann dabei deutsch, englisch oder niederländisch gewählt werden. Der Verbraucher hat ferner die Möglichkeit, eine Gesundheitsberatung durch den Expertenbeirat der „Internet-Apotheke“ in Anspruch zu nehmen. Generell kann der Verbraucher neben einer Kommunikation über das Internet mit DocMorris und mit Herrn Waterval auch über eine kostenlose Telefonnummer oder per Brief in Kontakt treten.

Die einzelnen Medikamente sind nach Produktgruppen unterteilt. So finden sich etwa die Rubriken „Schmerzmittel“, „Blutdrucksenker“, „Krebstherapeutika“, „Immunstimulanzien“, „Blutfettsenker“, „Potenz-Prostatamittel“, „Entwöhnungsmittel“ sowie weitere Rubriken. Jede Rubrik enthält zunächst eine aus wenigen Sätzen bestehende Einleitung. Anschließend sind alphabetisch die Medikamente nach ihrem Produktnamen aufgeführt, der Packungsinhalt wird beschrieben sowie der Preis in Euro angegeben. Neben dem Hinweis auf eine eventuell bestehende Rezeptpflichtigkeit findet sich ein Kästchen. Durch Anklicken dieses Kästchens wird das entsprechende Medikament bestellt. Zu weiteren Informationen über das Produkt selbst kann der Produktname angeklickt werden. Für den Verbraucher besteht ferner die Möglichkeit, durch Anklicken eines bestimmten Buttons das Sortiment nach einem bestimmten Produkt zu durchsuchen. Daneben werden Serviceleistungen über das Internet angeboten (Arztsuche, persönliches Gesundheitswetter, Buchtipps und anderes). Ein entsprechendes Medikament wird von DocMorris und Herrn Waterval dann als rezeptpflichtig eingestuft, wenn es entweder in den Niederlanden oder in dem Mitgliedstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, als rezeptpflichtig eingestuft wird. Die Auslieferung derartiger Medikamente erfolgt erst nach Vorlage des Originalrezepts.

32.
    Die Zustellung selbst kann auf verschiedene Weise erfolgen. So kann der Verbraucher zum einen die Bestellung persönlich bei DocMorris abholen. Ferner kann er ohne zusätzliche Kosten einen von DocMorris empfohlenen Kurierdienst mit der Abholung der Bestellung und Überbringung an die angegebene Zustelladresse beauftragen. Schließlich kann er einen anderen Kurierdienst auf eigene Kosten beauftragen.

33.
    Der Apothekerverband beanstandet vor dem Landgericht Frankfurt am Main das Anbieten der Arzneimittel in vorgenannter Form und die Abgabe per grenzüberschreitendem Versandhandel. Er ist der Ansicht, die Vorschriften des AMG sowie des HWG würden eine entsprechende Tätigkeit nicht erlauben. Ein derartiges Verbot sei auch nach den Artikeln 28 EG und 30 EG nicht zu beanstanden.

34.
    DocMorris und Herr Waterval sind der Ansicht, bereits nach nationalem Recht sei ihre Vorgehensweise erlaubt, jedenfalls aber sei ein nationales Verbot im Hinblick auf gemeinschaftsrechtliche Vorgaben nicht zulässig.

35.
    Für das Landgericht stellte sich die Frage, ob die Grundsätze des Urteils in der Rechtssache Ortscheit(10) angesichts der inzwischen verstrichenen Zeit und der geänderten Zulassungsvoraussetzungen für die Zulassung von Humanarzneimitteln in den Mitgliedstaaten auf den vorliegenden Fall noch übertragbar seien.

36.
    In Bezug auf das HWG führt das Landgericht aus, dass der Internetauftritt von DocMorris unter Nennung der einzelnen Arzneimittel mit Produktname, eventuell Rezeptpflichtigkeit, Packungsgröße und Preis sowie gleichzeitiger Möglichkeit der Bestellung als Werbung im Sinne dieser Vorschriften zu qualifizieren sei. Ein solches Werbeverbot könne zur Folge haben, dass eine Präsentation einer Internet-Apotheke mit der gleichzeitigen Möglichkeit der Bestellung einzelner Arzneimittel erheblich erschwert werden würde, weil dann die für eine Bestellung erforderlichen Mindestangaben auf Online-Bestellformularen nicht mehr gemacht werden könnten. Von daher stelle sich die Frage, ob ein derartiges Werbeverbot mit den Grundsätzen des freien Warenverkehrs und dem freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft gemäß der E-Commerce-Richtlinie vereinbar sei.

37.
    Das Landgericht sah sich durch das Urteil in der Rechtssache Ortscheit nicht gebunden, da diese Entscheidung zum einen nur das hier nicht einschlägige Verbot des § 8 Absatz 2 HWG betreffe, zum anderen der Begriff der Werbung bei einem Internetauftritt einer Apotheke unter Berücksichtigung der obigen Erwägungen möglicherweise einer besonderen Beurteilung bedürfe. Hierbei stelle sich die Frage, ob die inzwischen weitgehende Harmonisierung von Zulassungsverfahren für die Zulassung von Humanarzneimitteln sowie die beabsichtigte gemeinschaftsrechtliche Zulassung der Werbung für rezeptfreie Medikamente gemeinschaftsrechtlich eine andere, restriktivere Definition des Begriffes der Werbung erfordert. Der Grundsatz des freien grenzüberschreitenden Warenverkehrs könne möglicherweise dann nicht effektiv verwirklicht sein, wenn mit der Begründung, DocMorris betriebe verbotene Werbung für Humanarzneimittel, der Internetauftritt insgesamt oder zu großen Teilen unmöglich gemacht würde.

IV - Vorlagefragen

38.
    Das Landgericht Frankfurt am Main ersucht daher den Gerichtshof durch Beschluss vom 10. August 2001, in der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen am 21. August 2001, um Vorabentscheidung über folgende Fragen:

1.    Verstößt eine nationale Regelung, nach der die gewerbsmäßige grenzüberschreitende Einfuhr von apothekenpflichtigen Humanarzneimitteln im Wege des Versandhandels durch zugelassene Apotheken aus anderen EU-Mitgliedstaaten aufgrund individueller Bestellungen von Endverbrauchern per Internet untersagt ist, gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs nach Art. 28 ff. EGV?

    

    a)    Stellt ein derartiges nationales Verbot eine Maßnahme gleicher Wirkung nach Art. 28 EGV dar?

    

    b)    Falls ein derartiges nationales Verbot eine Maßnahme gleicher Wirkung nach Art. 28 EGV darstellt: Ist Art. 30 EGV dahin gehend auszulegen, dass ein nationales Verbot zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt ist, wenn vor der Auslieferung verschreibungspflichtiger Arzneimittel ein ärztliches Originalrezept bei der versendenden Apotheke eingegangen sein muss? Welche Anforderungen sind gegebenenfalls an eine derartige Apotheke bezüglich der Bestellungskontrolle, der Paketkontrolle und der Empfangskontrolle zu stellen?

    

    c)    Sind die Fragen zu 1, 1a), 1b) im Lichte der Art. 28, 30 EGV anders zu beurteilen, wenn es sich um den Import von im Einfuhrstaat zugelassenen Arzneimitteln handelt, die eine Apotheke eines EU-Mitgliedstaats zuvor von Großhändlern aus dem Einfuhrstaat bezogen hat?

2.    Ist es mit Art. 28 und 30 EGV vereinbar, wenn ein nationales Verbot der Werbung für den Arzneimittelversand sowie für verschreibungspflichtige und für nicht im Einfuhrstaat, aber im Herkunftsstaat zugelassene apothekenpflichtige Humanarzneimittel so weit ausgelegt wird, dass der Internet-Auftritt einer Apotheke eines EU-Mitgliedstaats, der neben einer reinen Präsentation seines Unternehmens die einzelnen Arzneimittel mit Produktname, eventueller Rezeptpflichtigkeit, Packungsgröße und Preis beschreibt und gleichzeitig die Möglichkeit bietet, mit einem Online-Bestellformular diese Arzneimittel zu bestellen, als verbotene Werbung eingestuft wird mit der Folge, dass grenzüberschreitende internetgestützte Arzneimittelbestellungen inklusive der grenzüberschreitenden Auslieferung jedenfalls erheblich erschwert werden?

    

    a)    Gebieten es die Art. 28 und 30 EGV, die dargestellte Internetpräsentation einer Apotheke eines EU-Mitgliedstaats oder Teile dieser Präsentation unter Berücksichtigung von Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2000/31/EG vom 08.06.2000 (E-Commerce-Richtlinie) vom Begriff der Öffentlichkeitswerbung im Sinne der Art. 1 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 1992/28/EWG vom 31.03.1992 (Richtlinie über die Werbung von Humanarzneimitteln) auszunehmen, um das Angebot bestimmter Dienstleistungen der Informationsgesellschaft auch praktisch zu gewährleisten?

    

    b)    Kann eine unter Umständen nach Art. 28 und 30 EGV gebotene Beschränkung des Werbebegriffs damit begründet werden, dass Online-Bestellformulare, die nur die für eine Bestellung erforderlichen Mindestangaben enthalten und/oder andere Teile des Internetauftritts einer Apotheke eines EU-Mitgliedstaats Verkaufskatalogen und/oder Preislisten im Sinne des Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 92/28/EWG gleichzusetzen sind?

    

3.    Für den Fall, dass Teilaspekte der Internet-Präsentation einer Apotheke eines EU-Mitgliedstaats gegen heilmittelwerberechtliche Vorgaben verstoßen, ist aus Art. 28 und 30 EGV zu folgern, dass der mit Hilfe einer solchen Präsentation stattfindende grenzüberschreitende Arzneimittelhandel trotz der verbotenen Werbung rechtlich zulässig sein muss, um den Grundsatz des freien grenzüberschreitenden Warenverkehrs effektiver zu verwirklichen?

V - Zur ersten Vorlagefrage

39.
    Mit der ersten Vorlagefrage stellt das vorlegende Gericht ausdrücklich die Frage, ob das nationale Verbot der „gewerbsmäßigen grenzüberschreitenden Einfuhr im Wege des Versandhandels“(11) (im Folgenden: Versandhandelsverbot) gegen die Warenverkehrsfreiheit verstößt. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens nach Artikel 234 EG nicht zur Entscheidung über die Vereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht befugt ist. Er kann jedoch dem vorlegenden Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts geben, die es diesem ermöglichen, die Frage der Vereinbarkeit bei der Entscheidung des bei ihm anhängigen Verfahrens zu beurteilen(12).

40.
    Wie sich aus der Vorlagefrage 1c) ergibt, betreffen die Vorlagefragen 1, 1a) und 1b) in Deutschland nicht zugelassene Arzneimittel. Demgegenüber hat die Vorlagefrage 1c) in Deutschland zugelassene Arzneimittel zum Gegenstand. Diese Unterscheidung wird der folgenden Gliederung zugrunde gelegt.

A - Nicht zugelassene Arzneimittel: Vorlagefragen 1, 1a) und 1b)

1. Grundsätzliche Anwendbarkeit der Richtlinie 97/7 auf das verfahrensgegenständliche Versandhandelsverbot

a) Vorbringen der Beteiligten

41.
    DocMorris vertritt die Auffassung, dass Artikel 14 der Richtlinie 97/7 ein generelles Verbot des Arzneimittelversandes nicht rechtfertigen könne, weil diese Bestimmung ausdrücklich vorsehe, dass die Vorschriften des höherrangigen Primärrechts zu beachten seien.

42.
    Der Apothekerverband bringt vor, dass die Verkaufs- und Abgabemodalitäten für Arzneimittel mit Blick auf die Rezeptpflichtigkeit und den internetgestützten Versandhandel noch nicht harmonisiert worden seien.

43.
    Die deutsche Regierung bezieht sich in ihren Ausführungen zum Sekundärrecht auf die Richtlinie 65/65 bzw. den Gemeinschaftskodex und das dort verankerte Verbot des Inverkehrbringens nicht genehmigter Arzneimittel. Mit dem Versandhandelsverbot solle das Unterlaufen dieses Verbotes verhindert werden.

44.
    Die griechische Regierung spricht sich unter Berufung auf die Richtlinie 89/552/EWG(13) für die Zulässigkeit des Versandhandelsverbotes aus.

45.
    Die französische Regierung weist darauf hin, dass der Verkauf von Arzneimitteln nicht harmonisiert sei.

46.
    Die österreichische Regierung weist auf die nach Artikel 14 der Richtlinie 97/7 bestehende Möglichkeit der Mitgliedstaaten hin, den Vertrieb zu verbieten. Da der Vertrieb von Arzneimitteln noch nicht vollständig harmonisiert sei, blieben die Mitgliedstaaten weiterhin zuständig, nationale Regelungen zu erlassen.

47.
    Die Kommission vertritt die Auffassung, dass das Versandhandelsverbot durch Artikel 3 der Richtlinie 65/65 bzw. Artikel 6 des Gemeinschaftskodex gedeckt sei.

b) Würdigung

48.
    Zunächst ist auf den allgemeinen Grundsatz hinzuweisen, wonach Vorschriften des abgeleiteten Rechts Bestimmungen des Primärrechts verdrängen können. Das hat zur Folge, dass nationale Maßnahmen in einem Bereich, der auf Gemeinschaftsebene abschließend harmonisiert worden ist, anhand der Harmonisierungsregelung und nicht anhand der Artikel 28 EG und 30 EG zu beurteilen sind(14).

49.
    Sollte also im vorliegenden Verfahren die Richtlinie 97/7 eine abschließende Harmonisierung bewirken, würden diese Vorschriften des abgeleiteten Rechts und nicht das Primärrecht, hier also die Warenverkehrsfreiheit, zur Anwendung kommen. Dennoch spielt auch in einem solchen Fall das primäre Recht trotz Vorranges des abgeleiteten Rechts weiterhin eine Rolle: erstens sind die Vorschriften des abgeleiteten Rechts im Lichte des Primärrechts auszulegen, zweitens können sekundärrechtliche Bestimmungen selbst auf Primärrecht verweisen.

50.
    Gerade Letzteres trifft auf die von einigen Beteiligten ausdrücklich genannte Bestimmung des Artikels 14 der Richtlinie 97/7 zu. So sieht diese Bestimmung zwar ausdrücklich vor, dass die Mitgliedstaaten „den Vertrieb im Fernabsatz für bestimmte Waren und Dienstleistungen, insbesondere Arzneimittel, in ihrem Hoheitsgebiet ... verbieten [können]“. Doch sieht Artikel 14 zugleich eine Beschränkung dieser Ermächtigung vor: So darf davon nur „unter Beachtung des EG-Vertrags“ Gebrauch gemacht werden.

51.
    Zu den Vorschriften des in der Richtlinie 97/7 ausdrücklich so genannten „EG-Vertrags“ gehören auch die Grundfreiheiten, insbesondere die hier einschlägige Warenverkehrsfreiheit. Diese ist daher auch im Geltungsbereich der Richtlinie 97/7 weiterhin anzuwenden.

52.
    Zur E-Commerce-Richtlinie ist zu bemerken, dass sie erst bis 17. Januar 2002 umzusetzen war und daher auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens nicht anzuwenden ist.

2. Regelungsbefugnis der Mitgliedstaaten: Grenzen aus der Warenverkehrsfreiheit

53.
    Angesichts der Umstandes, dass das Sekundärrecht zwar einschlägige Bestimmungen zum Handel mit Arzneimitteln enthält, aber der Warenverkehrsfreiheit dennoch ein Anwendungsbereich verbleibt, ist im Folgenden auf die Warenverkehrsfreiheit einzugehen. Dabei ist zunächst zu fragen, ob die verfahrensgegenständlichen deutschen Regelungen überhaupt in den Anwendungsbereich der Warenverkehrsfreiheit fallen. Im Anschluss daran ist zu untersuchen, ob eine Beschränkung vorliegt und, sollte dies der Fall sein, ob diese gerechtfertigt werden kann.

a) Anwendbarkeit der Warenverkehrsfreiheit: Versandhandelsverbot als Verkaufsmodalität?

54.
    In diesem Zusammenhang ist der Frage nachzugehen, ob das Versandhandelsverbot die Voraussetzungen der so genannten Keck-Formel erfüllt, d. h., als Verkaufsmodalität zu qualifizieren ist, und ob Artikel 28 EG daher gar nicht anwendbar ist.

i) Vorbringen der Beteiligten

55.
    Nach Auffassung von DocMorris ist das Versandhandelsverbot nicht als Verkaufsmodalität anzusehen, weil es die Voraussetzungen der Keck-Formel nicht erfüllt. So berühre das Verbot den Absatz von in- und ausländischen Arzneimitteln nicht in der gleichen Weise. Wegen der strengen Vorschriften des deutschen Apothekenrechts habe der Direktvertrieb grundlegende Bedeutung und sei das Versandhandelsverbot eine Maßnahme gleicher Wirkung.

56.
    Der Apothekerverband, die französische und die österreichische Regierung sowie die Kommission qualifizieren das Versandhandelsverbot als bloße Verkaufsmodalität.

57.
    Die deutsche Regierung vertritt die Auffassung, dass es sich bei dem Versandhandelsverbot um eine Verkaufsmodalität handle und dass das sekundärrechtliche Genehmigungserfordernis der Warenverkehrsfreiheit nicht entgegenstehen könne.

ii) Würdigung

58.
    Um zu ermitteln, ob das Versandhandelsverbot als Verkaufsmodalität anzusehen ist, sind im Folgenden die in der Rechtsprechung des Gerichtshofes aufgestellten Voraussetzungen der so genannten Keck-Formel(15) einzeln zu prüfen.

59.
    Um unter die Ausnahme der Keck-Formel zu fallen, haben nationale Maßnahmen folgenden Voraussetzungen zu genügen: erstens haben sie für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer zu gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben (Universalität)(16), zweitens haben sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise zu berühren(17) (Neutralität).

60.
    Aus diesen Kriterien ergibt sich zwar, dass nur bestimmte Verkaufsmodalitäten unter die Keck-Formel fallen, doch darf die Rechtsprechung nicht dahin gehend missdeutet werden, dass es eine so genannte dritte Kategorie gibt(18). Es gibt begriffslogisch nur zwei Kategorien von Fällen: von der Keck-Formel erfasste Fälle einerseits und nicht von ihr erfasste Fälle andererseits.

- Beispiele für Verkaufsmodalitäten in der bisherigen Rechtsprechung

61.
    Der Gerichtshof hat bisher folgende nationale Maßnahmen unter die Keck-Formel gezählt: zeitliche Beschränkungen, wie das Sonntagsverkaufsverbot(19); Beschränkungen, wer Waren anbieten darf bzw. von wem sie zu beziehen sind, wie das Verbot des Vertriebes verarbeiteter Milch für Säuglinge außerhalb von Apotheken(20); das Verbot, dass andere als besonders zugelassene Einzelhändler Tabakwaren verkaufen(21) sowie das Verbot, Getränke von einem anderen als einem Inhaber einer Erlaubnis für die Herstellung oder den Großhandel zu beziehen(22). Des Weiteren hat der Gerichtshof ein Verbot für Apotheker, außerhalb der Apotheke für üblicherweise in Apotheken verkaufte Erzeugnisse Werbung zu treiben(23) sowie ein Verbot der Fernsehwerbung im Sektor Vertrieb als Verkaufsmodalität im Sinne der Keck-Formel anerkannt(24). Dazu kommen Vorschriften über körperlich nicht verbundene Werbung(25) und über Verkäufe mit niedriger Gewinnspanne(26).

62.
    Nicht unter die Keck-Formel fallen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes erstens solche nationale Maßnahmen, die bezwecken, den Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten zu regeln(27).

63.
    Zweitens hat der Gerichtshof solche nationale Maßnahmen - ausdrücklich oder implizit - nicht unter die Keck-Formel subsumiert, die eingeführte Waren mit zusätzlichen Kosten belasten(28). Das betrifft in erster Linie Maßnahmen, die die Anpassung der inneren Merkmale, wie der Zusammensetzung, oder der äußeren Merkmale, wie der Bezeichnung oder Verpackung, eingeführter Erzeugnisse erfordern(29). Die Frage der Kosten dient demnach als Mittel zur Beurteilung der Wirkung auf den Handelsverkehr(30), worauf DocMorris zu Recht hinweist.

64.
    Das wird besonders im Urteil TK-Heimdienst deutlich, wo es um eine Regelung ging, die bestimmte Unternehmen „verpflichtet ..., die bereits eine ortsfeste Betriebsstätte in einem anderen Mitgliedstaat haben und die ihre Waren in einem bestimmten Verwaltungsgebiet, ... im Umherziehen feilbieten wollen, in diesem Verwaltungsgebiet oder einer angrenzenden Gemeinde eine andere ortsfeste Betriebsstätte zu errichten oder zu erwerben, während die örtlichen Wirtschaftsteilnehmer die Voraussetzung der ortsfesten Betriebsstätte bereits erfüllen. Somit haben Waren aus anderen Mitgliedstaaten gleichen Zugang zum Markt des Einfuhrmitgliedstaats wie inländische Waren nur, nachdem sie mit zusätzlichen Kosten belastet worden sind“(31).

65.
    In der Folge ist also das Vorliegen der Voraussetzungen der Keck-Formel zu prüfen.

- Geltung für alle Wirtschaftsteilnehmer, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben

66.
    Bereits aus dem Wortlaut des einschlägigen nationalen Rechts, nämlich des deutschen Arzneimittelgesetzes, geht hervor, dass die Maßnahme des Versandhandelsverbotes sowohl für inländische als auch für ausländische Apotheker gilt. Das verfahrensgegenständliche Verbot erfüllt also die erste Voraussetzung der Keck-Formel, wonach die Maßnahme für alle entsprechenden Wirtschaftsteilnehmer, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, zu gelten hat(32).

- Wirkung auf den Absatz der Erzeugnisse

67.
    Von der Keck-Formel werden nur solche Maßnahmen erfasst, die inländische und ausländische Erzeugnisse rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berühren(33).

68.
    In diesem Zusammenhang ist zunächst der Frage nachzugehen, ob die Auswirkungen einer Maßnahme auf das Absatzvolumen ein entscheidendes Kriterium für die Beurteilung von deren Wirkung auf den Absatz darstellt. Wenn das Urteil in der Rechtssache Ortscheit auch darauf hindeutet, so darf die vom Gerichtshof dort getroffene Aussage nicht überbewertet werden. Denn erstens steht auch in der Rechtssache Ortscheit die potenzielle Behinderung des Warenverkehrs im Vordergrund(34) und zweitens hat der Gerichtshof bereits vorher im Urteil Keck(35) selbst und im Urteil Hünermund(36) sowie - nachher - im Urteil Leclerc-Siplec(37) die Bedeutung dieses Kriteriums relativiert(38).

69.
    Hinsichtlich der Voraussetzung, dass in- und ausländische Erzeugnisse rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berührt zu sein haben, ist bezüglich der verfahrensgegenständlichen Regelung festzustellen, dass sie für in- wie ausländische Arzneimittel in der gleichen Weise gilt, d. h. nicht nach der Herkunft der Waren unterscheidet.

70.
    Bezieht man das von manchen Beteiligten angesprochene Urteil in der Rechtssache TK-Heimdienst auf die verfahrensgegenständliche Regelung, so wären für den Fall, dass die Eröffnung einer Apotheke in Deutschland, d. h. einer Niederlassung im Inland, die einzige Möglichkeit des Vertriebes von Arzneimitteln darstellt, inländische, also deutsche, Apotheken bevorzugt, weil sie bereits über eine solche Niederlassung verfügen(39).

71.
    Für die Erfüllung der Keck-Formel spricht schließlich, dass der vorliegende Fall sich von der Konstellation in der Rechtssache TK-Heimdienst dadurch unterscheidet, dass das Versandhandelsverbot für alle Apotheken gilt, und es auch für im Inland niedergelassene Apotheken keine Ausnahme gibt. Das deutsche Recht sieht nämlich ein generelles Verbot der Vertriebsform über Internet vor.

72.
    Stellt man also allein darauf ab, dass das deutsche Recht formell nicht nach der Herkunft der Ware unterscheidet, könnte man die Prüfung anhand der Keck-Formel an dieser Stelle beenden und festhalten, dass das Versandhandelsverbot die Voraussetzungen der Keck-Formel erfüllt, also eine Verkaufsmodalität ist.

73.
    Wie aber im Folgenden zu zeigen sein wird, darf sich eine Auslegung einer so zentralen gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift wie der Warenverkehrsfreiheit, und zwar des Artikels 28 EG, nicht auf eine mechanische Anwendung der beiden traditionellen Voraussetzungen der Keck-Formel beschränken.

- Entscheidender Aspekt: Wirkung auf den Marktzugang

74.
    Die beiden - traditionellen - Voraussetzungen der Keck-Formel sind genau genommen nur Ausprägungen der allgemeinen Voraussetzung, wonach es darauf ankommt, dass die Maßnahme „nicht geeignet [ist], den Marktzugang für diese Erzeugnisse zu versperren oder stärker zu behindern, als sie dies für inländische Erzeugnisse tut“(40). Dies ist also weder die Folgerung noch die dritte Voraussetzung, sondern gleichsam das - oberste - allgemeine Kriterium(41).

75.
    Dass eine nur auf die beiden Voraussetzungen verengte Sicht der Keck-Formel und eine damit einhergehende Beschränkung der Prüfung nicht befriedigt, zeigt einmal der Umstand, dass die Regelung des Arzneimittelgesetzes, also das Versandhandelsverbot, in- und ausländische Waren wie auch Apotheken zwar formal gleich behandelt, aber ausländische Apotheken dadurch einen Nachteil haben, dass sie im Unterschied zu deutschen Apotheken stärker auf die verbotene Vertriebsform angewiesen sind. Das demonstriert etwa das Faktum, dass es deutschen Kunden schwerer fallen dürfte, persönlich bei ihnen vorbeizukommen als bei ihren heimischen Apotheken.

76.
    Der vorliegende Fall zeigt auf, dass die - eng verstandenen - beiden Voraussetzungen der Keck-Formel, insbesondere das Kriterium der gleichen Berührtheit von in- und ausländischen Waren, angesichts strenger, d. h. sehr beschränkender nationaler Maßnahmen versagen, seien diese nationalen Maßnahmen auch Verkaufsmodalitäten(42). So können Regelungen betreffend Vertriebswege den Marktzugang ebenso beschränken wie Produktregelungen(43).

77.
    Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Keck-Formel nur in solchen Fällen greifen sollte, in denen es um Modalitäten geht, die nach dem - bereits erfolgten - Marktzugang einzuhalten sind, nicht aber bei Beschränkungen des Marktzugangs selbst(44).

78.
    Das entscheidende Kriterium sollte daher sein, ob eine nationale Maßnahme den Zugang zum Markt erheblich erschwert oder nicht. Dafür haben sich nicht nur gewichtige Stimmen der Lehre(45), sondern auch der Gerichtshof selbst - zumindest ansatzweise - ausgesprochen.

79.
    So hat der Gerichtshof in Bezug auf die Warenverkehrsfreiheit festgestellt, „dass ... ein Werbeverbot ... das Inverkehrbringen dieser Waren und somit deren Zugang zum Markt erheblich erschweren würde“(46). In Bezug auf die Dienstleistungsfreiheit hat der Gerichtshof ausgeführt, dass ein Verbot, das unmittelbar den Zugang zum Dienstleistungsmarkt beeinflusst, geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Dienstleistungsverkehr zu behindern(47). Dass eine nationale Maßnahme, mit der - unterschiedslos - die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit beschränkt wird, unter die Dienstleistungsfreiheit fällt(48), sei hier nur ergänzend erwähnt.

80.
    In casu kommt dazu, dass die verfahrensgegenständliche Regelung nicht den Weitervertrieb betrifft, sondern bereits den Grenzübertritt der Waren in einer bestimmten Form und damit den Zugang zum Markt des betreffenden Mitgliedstaats verhindert. Hat ein Verbot etwa die Wirkung, dass ein Erzeugnis praktisch vom Markt verschwindet, könnte man eine solche Regelung sogar als produktbezogene Vorschrift qualifizieren(49).

81.
    Der hier daher eingeschlagene Weg, nämlich auf die Wirkung auf den Marktzugang abzustellen, darf allerdings nicht so verstanden werden, als ob es auf die Spürbarkeit der nationalen Maßnahme ankäme(50). Im Unterschied zu einer De-minimis-Regelung, wie etwa im Wettbewerbsrecht, bedarf es hier im Übrigen auch keiner Evaluierung wirtschaftlicher Daten(51).

82.
    Ein wesentliches Merkmal, ob der Marktzugang erheblich erschwert ist, bildet aber der Umstand, ob andere zulässige und Erfolg versprechende Vertriebsformen bestehen(52).

- Ausweichmöglichkeiten für den Marktzugang: Bestehen anderer Vertriebsformen

83.
    Einen Extremfall von Vertriebsregelungen bilden nationale Maßnahmen, die Erzeugnisse auf bestimmte Standorte kanalisieren, also etwa den Vertrieb von Arzneimitteln - wie im Anlassfall - grundsätzlich Apotheken vorbehalten. Ob es darauf ankommt, dass die Maßnahmen die Kanalisierung bezwecken(53) oder lediglich bewirken können(54), kann hier dahingestellt bleiben.

84.
    Wie allerdings das Urteil des Gerichtshofes im griechischen Apothekenfall(55) zeigt, fallen auch solche Regelungen betreffend den Vertrieb durch bestimmte Wirtschaftsteilnehmer nicht unter Artikel 28 EG.

85.
    Im vorliegenden Fall ist der Vertrieb aber nicht nur einer bestimmten Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern vorbehalten, sondern zugleich eine ganze Form des Vertriebes verboten. Damit geht die verfahrensgegenständliche deutsche Regelung über die verfahrensgegenständlichen Vorschriften des griechischen Apothekenfalles hinaus.

86.
    Nach dem Urteil in der Rechtssache Hünermund(56) kommt es entscheidend darauf an, ob die Waren von anderen Wirtschaftsteilnehmern als Apothekern vertrieben werden dürfen oder nicht. In casu tritt zu dem Verbot einer bestimmten Vertriebsform daher noch zusätzlich die Beschränkung hinzu, dass die Arzneimittel grundsätzlich auch nicht von anderen Wirtschaftsteilnehmern als Apothekern vertrieben werden dürfen.

87.
    Hinsichtlich der Kanalisierung auf bestimmte Vertriebsstätten lässt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes jedoch ableiten, dass es sowohl im Verhältnis zwischen Großhändler und Einzelhändler als auch im Verhältnis zwischen Einzelhändler und Verbraucher eine ausreichende Wahlfreiheit der Bezugsquellen und damit entsprechende Ausweichmöglichkeiten geben muss.

88.
    Das verfahrensgegenständliche Verbot betrifft zwar nur eine Form des Vertriebes(57), doch ist deshalb nicht auszuschließen, dass auch eine solche Maßnahme grundsätzlich eine Beschränkung im Sinne von Artikel 28 EG darstellen kann. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob die vom Verbot betroffene Vertriebsform für die Erschließung eines Marktes wichtig ist(58). Dass auch der Zugang deutscher Präsenzapotheken zum deutschen Endverbrauchermarkt insofern beschränkt ist, als diese nur über ein begrenztes Einzugsgebiet verfügen, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.

89.
    Nach dem Urteil Leclerc-Siplec kommt es darauf an, ob eine nationale Maßnahme „die den Vertriebshändlern offen stehende Möglichkeit unberührt [lässt], andere Formen der Werbung einzusetzen“(59).

90.
    Entscheidend ist also, ob andere - wirksame - Formen des Vertriebes und der Verkaufsförderung(60) zur Verfügung stehen oder ob die nationale Maßnahme den Marktzugang praktisch unmöglich macht.

91.
    Sollte die verfahrensgegenständliche nationale Maßnahme den Marktzugang praktisch unmöglich machen, wie von DocMorris behauptet und von den anderen Beteiligten im Wesentlichen nicht widersprochen, wäre das eine Beschränkung des Warenverkehrs im Sinne von Artikel 28 EG. Das träfe auch dann zu, wenn man wie der Gerichtshof in seinem Urteil De Agostini darauf abstellt, dass das „Verbot den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich nicht in gleicher Weise berührt“(61). Denn die verfahrensgegenständliche Regelung kann sich dadurch, dass sie einen wichtigen - wenn nicht den einzig wirksamen - Vertriebsweg verbindlich ausschließt, negativ auf die Einfuhren von Arzneimitteln aus anderen Staaten auswirken(62).

- Beweislast für das Vorliegen einer Beschränkung

92.
    Nach dem Urteil De Agostini(63) obliegt die Beurteilung der Wirksamkeit verschiedener Absatz(förderungs)formen grundsätzlich dem vorlegenden Gericht. Vor diesem wäre so insbesondere nachzuweisen, dass das „Verbot den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich nicht in gleicher Weise berührt“(64).

93.
    Wenn die verfahrensgegenständliche deutsche Regelung als Verkaufsmodalität qualifiziert werden sollte, griffe die im Urteil De Agostini aufgestellte Vermutung, dass die Regelung nicht unter Artikel 28 EG fällt. Diese Vermutung könnte jedoch vor dem nationalen Gericht widerlegt werden.

94.
    Geht man allerdings wie hier vorgeschlagen davon aus, dass auch eine erhebliche Erschwernis des Marktzugangs zum Ausschluss der Keck-Ausnahme führt, also keine Verkaufsmodalität vorliegt, wäre der Nachweis einer erheblichen Erschwernis Beweisthema(65).

iii) Zwischenergebnis zu den Vorlagefragen 1 und 1a)

95.
    Die verfahrensgegenständliche Regelung weist in Verbindung mit der Situation auf dem betroffenen Produktmarkt einige Besonderheiten auf, die im Rahmen der Beurteilung eine gewichtige Rolle spielen. Dazu gehört einmal der Umstand, dass bereits niedergelassene inländische Apotheken auf die verbotene Vertriebsform nicht angewiesen und daher bevorzugt sind. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die nationale Maßnahme nicht erst den Vertrieb der Waren nach ihrem Grenzübertritt regelt, sondern diesen Grenzübertritt in einer bestimmten Form sogar verhindert.

96.
    Angesichts dieser Besonderheiten kann das Zwischenergebnis daher nur lauten, dass das verfahrensgegenständliche Versandhandelsverbot nicht unter die Keck-Ausnahme fallen kann und als Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Artikel 28 EG zu qualifizieren ist.

b) Mögliche Rechtfertigung des Versandhandelsverbotes (Vorlagefrage 1b)

i) Vorbringen der Beteiligten

97.
    DocMorris spricht sich - als einziger - der Beteiligten im schriftlichen Verfahren gegen die Möglichkeit aus, dass das Versandhandelsverbot gerechtfertigt werden kann. So sei das Verbot der § 43 AMG und § 73 AMG erstens nicht notwendig, um einen effektiven Gesundheitsschutz zu gewährleisten, und zweitens biete eine regulierte Zulassung des Versandes die Möglichkeit, den Gesundheitsschutz zu verbessern.

98.
    Um ein hohes Niveau des Gesundheitsschutzes zu verwirklichen, hätten die Apotheken eine effektive Bestellungs-, Paket- und Empfangskontrolle, insbesondere eine mehrfache Rezeptkontrolle durch mitgliedstaatlich zugelassene Apotheker, eine Verpackung der Arzneimittel in speziell dafür vorgesehenen Behältnissen sowie eine Dokumentation des Empfangs zu gewährleisten.

99.
    Nach Auffassung von DocMorris ist Artikel 30 EG dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat - als Einfuhrstaat - nur gestattet, den grenzüberschreitenden gewerbsmäßigen Arzneimittelversand zu verbieten, wenn dieser Mitgliedstaat substantiiert darlegen und nachweisen kann, dass von dem im Herkunftsmitgliedstaat betriebenen, zugelassenen und überwachten Apothekenversand wegen mangelhafter Sicherheitsvorkehrungen tatsächliche Gefahren für die Gesundheit ausgehen.

100.
    Der Apothekerverband sowie die deutsche, französische, griechische, irische und österreichische Regierung sind der Auffassung, dass die deutsche Regelung aus Gründen des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt sei.

101.
    Der Apothekerverband weist zunächst darauf hin, dass der Versand im Einzelfall durch eine ausländische Apotheke erlaubt sei. Das Versandhandelsverbot diene der Verbesserung der Arzneimittelsicherheit durch Sicherstellung von Beratung durch den Apotheker. Des Weiteren stützt sich der Apothekerverband auf die nationale Rechtsprechung zum System der Arzneimittelversorgung, zu dem die Preisbindung von Arzneimitteln gehöre. Außerdem werde der Bestand der traditionellen Apotheken gefährdet. Nach Auffassung des Apothekerverbandes ist das Versandhandelsverbot auch verhältnismäßig.

102.
    Die deutsche Regierung bringt ausgehend vor ihrer Auffassung, wonach keine Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit vorliege, nur hilfsweise vor, dass die Regelung aus Gründen des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt und auch verhältnismäßig sei, weshalb sie nicht gegen Artikel 28 EG verstoße. Sollte das doch der Fall sein, könne sie über Artikel 30 EG gerechtfertigt werden.

ii) Würdigung

103.
    Hinsichtlich einer möglichen Rechtfertigung des Versandhandelsverbotes ist zunächst anzumerken, dass die folgenden Ausführungen für den Fall erfolgen, dass der Gerichtshof zu der Auffassung gelangen sollte, dass das Versandhandelsverbot unter Artikel 28 EG fällt und eine Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit darstellt.

104.
    Angesichts der mitunter unklaren Ausführungen der Beteiligten sei hier betont, dass vor einer Prüfung einer Rechtfertigung über Artikel 30 EG zu untersuchen ist, ob die staatliche Maßnahme unterschiedslos anwendbar ist. Denn diesfalls ist die Rechtfertigung in Artikel 28 EG, d. h. in der dazu ergangenen Cassis-de-Dijon-Rechtsprechung, zu suchen. Eines Rückgriffs auf Artikel 30 EG bedarf es dann, entgegen der im deutschen Schrifttum mitunter(66) geäußerten Meinung, nämlich gar nicht mehr.

- Rechtfertigungsgrund für die Maßnahme

105.
    Von allen Seiten unbestritten ist, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofes den Schutz der Gesundheit nicht nur im Rahmen von Artikel 30 EG, sondern auch als zwingendes Erfordernis im Rahmen von Artikel 28 EG anerkannt hat(67).

106.
    Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die verfahrensgegenständliche Regelung des AMG dem Schutz der Gesundheit dienen soll.

- Verhältnismäßigkeit der Maßnahme

107.
    Damit eine nationale Maßnahme mit Artikel 28 EG vereinbar ist, hat sie jedoch nicht nur einen anerkannten Rechtfertigungsgrund zu verfolgen, sondern darüber hinaus auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu entsprechen.

108.
    Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit hat nicht anhand konkreter Einzelfälle, sondern generell zu erfolgen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist nämlich bereits dann verletzt, wenn die Verletzung nur typischerweise auftritt. Hierzu sind die Eignung, die Erforderlichkeit und die Angemessenheit der nationalen Maßnahme zu prüfen:

- Eignung der nationalen Maßnahme

109.
    Erstens ist zu untersuchen, ob die Regelung des AMG überhaupt geeignet ist, dem Schutz der Gesundheit zu dienen.

110.
    Wie die deutsche Regierung zu Recht vorbringt, sind die darin vorgesehenen Maßnahmen grundsätzlich geeignet, diesem Ziel zu dienen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass auch eine andere, das Internet erlaubende Regelung, dem Ziel des Gesundheitsschutzes dienen könnte.

- Erforderlichkeit der nationalen Maßnahme

111.
    Zweitens ist auch im Bereich des Gesundheitsschutzes die Erforderlichkeit der nationalen Maßnahme zu prüfen(68).

112.
    Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, das niedrigste Schutzniveau zu wählen(69).

113.
    Gegen die Erforderlichkeit der verfahrensgegenständlichen Regelung spricht allerdings der Umstand, dass ein solches Verbot nicht von allen Mitgliedstaaten für notwendig erachtet wird und auch nicht in allen Mitgliedstaaten besteht.

- Angemessenheit der nationalen Maßnahme

114.
    Für die Gemeinschaftsrechtskonformität der verfahrensgegenständlichen Regelung des AMG bedarf es drittens der Prüfung im Lichte der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn oder der Angemessenheit. Dabei kommt es darauf an, ob die Gesundheit und das Leben von Menschen ebenso wirksam durch Maßnahmen geschützt werden können, die den innergemeinschaftlichen Handel weniger beschränken.

115.
    Im Rahmen der Vorlagefrage 1b) ist es angezeigt, sich auf den von mehreren Beteiligten angesprochenen Rechtfertigungsgrund „Schutz nationaler Zulassungsregeln vor der Umgehung“ zu beschränken.

116.
    Es gibt in der Praxis funktionierende, d. h. wirksame aber die Warenverkehrsfreiheit weniger beschränkende Maßnahmen, wenn das auch - zumindest nach einem Zweig der Rechtsprechung(70) - für sich genommen kein Argument für die Unverhältnismäßigkeit einer nationalen Regelung darstellt.

117.
    Hinsichtlich der Gefahr, dass durch Internetapotheken nationale Zulassungsregeln dadurch umgangen werden könnten, dass im Einfuhrmitgliedstaat nicht zugelassene Arzneimittel via Internet bestellt und dann in diesen Mitgliedstaat verbracht werden, sind mehrere Beteiligte auf den Stand der Harmonisierung des Arzneimittelzulassungsrechts und die Bedeutung des Urteils in der Rechtssache Ortscheit für die Frage der Zulassung eingegangen.

118.
    In diesem nunmehrigen Verfahren kann die Bedeutung der verschiedenen Möglichkeiten der Zulassung sowie die Möglichkeit der Anerkennung aber dahingestellt bleiben, weil es für die Beantwortung der Vorlagefrage 1b) nicht auf die Unterschiede der von den Beteiligten angeführten Möglichkeiten ankommt.

119.
    Die Lösung ist vielmehr in der einschlägigen Bestimmung des Artikels 3 der Richtlinie 65/65 zu finden. Danach darf ein Arzneimittel „erst dann in den Verkehr gebracht werden, wenn von der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats nach dieser Richtlinie eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde oder wenn eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 ... erteilt wurde.“

120.
    Handelt es sich also um Arzneimittel, die im Einfuhrstaat weder zugelassen sind noch deren Zulassung anerkannt worden ist, darf dieser Mitgliedstaat das Inverkehrbringen untersagen. Damit ist auch ein Versandhandelsverbot, mit dem das Inverkehrbringen dieser Arzneimittel verhindert werden soll, verhältnismäßig.

121.
    Auf die anderen - vorgebrachten - Rechtfertigungsgründe ist erst in Bezug auf zugelassene Arzneimittel, also im Rahmen der Prüfung der Vorlagefrage 1c) einzugehen.

iii) Zwischenergebnis zu Vorlagefrage 1 b)

122.
    Artikel 28 EG und 30 EG sind dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, nach der die gewerbsmäßige grenzüberschreitende Einfuhr von apothekenpflichtigen Humanarzneimitteln im Wege des Versandhandels durch zugelassene Apotheken aus anderen Mitgliedstaaten aufgrund individueller Bestellungen von Endverbrauchern per Internet untersagt ist, zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt ist, wenn es sich um Arzneimittel handelt, die in dem Staat, in den sie verbracht werden, zulassungspflichtig sind, für die aber weder eine nationale Zulassung oder Anerkennung besteht, noch eine zentrale gemeinschaftsrechtliche Genehmigung erteilt wurde.

B - Zugelassene Arzneimittel: Vorlagefrage 1c)

1. Vorbringen der Beteiligten

123.
    DocMorris macht darauf aufmerksam, dass der vom Gerichtshof anerkannte Reimport von - zugelassenen - Arzneimitteln der Verwirklichung des Binnenmarktes diene und im vorliegenden Kontext kein Missbrauch vorliege.

124.
    Nach Auffassung des Apothekerverbandes ist das Versandhandelsverbot auch für im Einfuhrstaat zugelassene Arzneimittel gerechtfertigt.

125.
    Auch die griechische und die österreichische Regierung halten selbst für zugelassene Arzneimittel das Versandhandelsverbot ausdrücklich für gerechtfertigt.

126.
    Die deutsche Regierung geht auch hinsichtlich der zugelassenen Arzneimittel davon aus, dass das Versandhandelsverbot lediglich eine Verkaufsmodalität darstellt.

127.
    Die Kommission vertritt auch hinsichtlich der zugelassenen Arzneimittel die Auffassung, dass das abgeleitete Gemeinschaftsrecht ein Verbot des Vertriebes im Fernabsatz erlaubt. Sie bezieht sich dabei auf Artikel 14 der Richtlinie 97/7 und auf die Artikel 1 Absatz 3 sowie Artikel 3 Absatz 4 der E-Commerce-Richtlinie.

128.
    Des Weiteren sieht die Kommission auch hinsichtlich der zugelassenen Arzneimittel die Voraussetzungen der Keck-Formel als durch das Versandhandelsverbot erfüllt an.

2. Würdigung

129.
    Die Vorlagefrage 1c) betrifft das Inverkehrbringen bzw. Verbringen von Arzneimitteln, die im Einfuhrstaat zugelassen sind, also den Reimport. Im vorliegenden Verfahren geht es aber nicht um die üblichen Fragestellungen betreffend den gewerblichen Rechtsschutz oder betreffend das Erfordernis einer neuerlichen Genehmigung. Hier geht es um die grundsätzliche Frage, ob die Warenverkehrsfreiheit überhaupt Anwendung findet, und um den Rechtfertigungsgrund Schutz der Gesundheit.

a) Gefahr der Umgehung nationaler Vorschriften

130.
    Im Verfahren ist gegen die Anwendbarkeit der Warenverkehrsfreiheit eingewandt worden, dass die vorliegende Konstellation, d. h. der Reimport via Internetapotheke, ein künstliches Handelsgeschäft sei, das daher nicht von dieser Grundfreiheit erfasst sei. Diesbezüglich sei darauf hingewiesen, dass die vorliegende Konstruktion des Internethandels mit Arzneimitteln dadurch gekennzeichnet ist, dass die Internetapotheke die Arzneimittel nicht selbst aus Deutschland einführt, um sie dorthin wieder auszuführen(71).

131.
    Vielmehr sind zwei rechtlich und wirtschaftlich selbständige Vorgänge zu unterscheiden: der Erwerb des Arzneimittels durch die Internetapotheke von einem Großhändler, wobei die Ausfuhr aus Deutschland durch den Großhändler erfolgen kann, und der Verkauf des Arzneimittels durch die Internetapotheke an Verbraucher, z. B. in Deutschland.

132.
    Es liegen also erstens zwei Geschäfte auf unterschiedlichen Handelsstufen vor (zwischen Großhändler und Internetapotheke sowie zwischen Internetapotheke und Verbraucher) und zweitens lässt sich der grenzüberschreitende Handel jeder der beiden Stufen zuordnen. Wie DocMorris zu Recht betont, schützt die Warenverkehrsfreiheit jede Handelsstufe für sich genommen.

133.
    Der Reimport findet also auf einer anderen Ebene statt als die Ausfuhr, nämlich in der Beziehung Einzelhändler (DocMorris) -Verbraucher, die sich beide jeweils in einem anderen Mitgliedstaat befinden.

134.
    Dafür, dass auch diese - hier vorliegende - Konstruktion des Arzneimittelvertriebs keinen Missbrauch der Warenverkehrsfreiheit darstellt, spricht, dass die Internetapotheken ihre Geschäftstätigkeit auch in den Mitgliedstaaten entfalten wollen, aus denen sie Arzneimittel erwerben. Das Tätigwerden in anderen Mitgliedstaaten, insbesondere der grenzüberschreitende Handel, gehört aber zum Wesen des Binnenmarktes, vor allem der Grundfreiheiten(72).

135.
    Dieser Befund wird durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes bestätigt, wonach auch die Einfuhr von Waren, die im Einfuhrstaat zugelassen sind, selbst wenn es sich um Arzneimittel(73) handelt, also auch der Reimport, unter die Warenverkehrsfreiheit fällt.

b) Verhältnismäßigkeit des Versandhandelsverbotes

136.
    Im Folgenden ist bloß auf diejenigen Aspekte einzugehen, die von den Beteiligten als Gründe für die Rechtfertigung des Versandhandelsverbotes vorgebracht wurden und die für die Frage der Erforderlichkeit und der Angemessenheit der verfahrensgegenständlichen Regelung eine Rolle spielen.

137.
    Auszugehen ist dabei von dem Grundsatz, wonach der „Umstand, dass der Arzt, der das Arzneimittel verschrieben hat, oder der Apotheker, der es verkauft hat, in einem anderen als dem Mitgliedstaat niedergelassen ist, in dem das Arzneimittel angewendet wird, ... [es] nicht aus[schließt], dass diese beiden Personen die Anwendung des eingeführten Arzneimittels, gegebenenfalls dank der Mitwirkung eines im Einfuhrmitgliedstaat niedergelassenen Kollegen, kontrollieren“(74).

138.
    Des Weiteren ist darauf aufmerksam zu machen, dass Internetapotheken den Vorschriften des Sitzstaates unterliegen, dem auch die entsprechende Überwachung obliegt.

i) Beurteilung im Hinblick auf die mit dem Versandhandelsverbot verfolgten Ziele

- Fehlen einer qualifizierten Beratung?

139.
    Die Beteiligten haben auf einige ihrer Meinung nach bestehende Vorteile der Beratung in einer Präsenzapotheke hingewiesen, die bei Internetapotheken angeblich nicht bestehen. So fehle bei Letzteren etwa die Möglichkeit, dass der Apotheker von sich aus die Initiative zur Beratung ergreifen kann. Dazu ist zu bemerken, dass diese Möglichkeit grundsätzlich auch bei Internetapotheken besteht. Des Weiteren konnte hinsichtlich der Präsenzapotheken nicht dargelegt oder nachgewiesen werden, in welcher Häufigkeit und in welchen Fällen eine Aufklärung durch den Apotheker, sei es auf Initiative des Patienten, sei es auf Initiative des Apothekers, auch tatsächlich stattfindet.

140.
    Des Weiteren wurde vom Apothekerverband auf die bei fehlender Beratung bestehende Gefahr der Einführung gefälschter, unerprobter, unsicherer oder wirkungsloser Arzneimittel hingewiesen. Konkrete Zahlenangaben für Deutschland wurden diesbezüglich nicht gemacht.

141.
    Ferner wurde darauf aufmerksam gemacht, dass Arzneimittel im Falle des Kaufs bei einer Internetapotheke durch einen Kurierdienst nicht persönlich ausgefolgt würden. Dazu genügt der Hinweis auf die durchaus gängige Praxis, dass Arzneimittel auch bei Präsenzapotheken nicht immer persönlich abgeholt werden.

142.
    Zur Beratung auf Initiative des Apothekers und zur persönlichen Ausfolgung ist anzuführen, dass der Bundesgesetzgeber keine speziellen Kontrollen darüber vorsieht. Das Fehlen von Kontrollen bildet jedoch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes(75) einen wesentlichen Aspekt bei der Beurteilung der Erforderlichkeit nationaler Maßnahmen.

143.
    Des Weiteren ist an die Rechtsprechung des Gerichtshofes zu erinnern, wonach die Beratung durch eine Apotheke eines anderen Mitgliedstaats als gleichwertig zu betrachten ist(76).

144.
    Schließlich ist auf die von mehreren Beteiligten erwähnten Unterschiede zwischen der persönlichen Beratung und der Fernberatung, also die persönliche Wahrnehmung des Apothekers, die ortsbezogenen Kenntnisse des Apothekers und die diesem gegebene Möglichkeit der Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen hinzuweisen. Diese Besonderheiten der Präsenzapotheke können von diesen durchaus beibehalten werden und werden sich durch die Zulassung von Internetapotheken - rechtlich - nicht ändern.

145.
    Um den erforderlichen Standard an Beratung sicherzustellen, haben aber auch die Internetapotheken bestimmten Anforderungen in Bezug auf Beratung und Bestellung zu genügen.

146.
    So haben sie die Bestellung zu kontrollieren, insbesondere Antworten auf mögliche Fragen zu geben und ein Protokoll über Empfehlungen zu erstellen. In bestimmten Fällen haben sie von sich aus Informationen zu erteilen, insbesondere bei Bedenken bezüglich des Inhalts des Arzneimittels. Gegen eventuellen Missbrauch könnte auch die Höchstmenge der abzugebenden Arzneimittel vorgeschrieben werden. Beschriftung und Information sind in der Sprache des Patienten abzufassen bzw. beizulegen. Schließlich haben Internetapotheken ständig erreichbar zu sein.

147.
    Bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln haben Internetapotheken zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen. So unterliegen sie jedenfalls den Rezeptregeln des Einfuhrstaates. Ferner darf die Versendung nur nach Vorlage des Rezeptes im Original erfolgen, das gegebenenfalls zu archivieren ist.

148.
    Schließlich darf aber auch nicht übersehen werden, dass die Bestellung via Internet zum Teil bessere technische Möglichkeiten bei der Beratung eröffnen kann. So etwa können Internetapotheken, die über eine automatisierte Medikationshistorie verfügen, leichter von sich aus Patienten kontaktieren.

- Notwendigkeit der Sicherung des Patientenschutzes bei der Auslieferung der Arzneimittel

149.
    Die Beteiligten haben auf die Notwendigkeit der Sicherung des Patientenschutzes bei der Auslieferung der Arzneimittel hingewiesen. Der Schutz der Patienten bei der Auslieferung von Arzneimitteln kann durch entsprechende Maßnahmen der Paket- und Empfangskontrolle sichergestellt werden. So wäre zu kontrollieren, dass die versandten den bestellten Arzneimitteln in Inhalt und Menge entsprechen. Des Weiteren ist für den richtigen Transport zu sorgen, insbesondere bei wärme- und lichtempfindlichen Arzneimitteln. Schließlich ist eine ausreichende Empfangskontrolle zu gewährleisten. Dazu gehört wesentlich eine Dokumentation des Lieferablaufs, gegebenenfalls durch den Kurier, sowie gegebenenfalls die Übergabe nur an den Berechtigten, die allenfalls durch Unterschrift zu bestätigen ist.

150.
    Zur Verhinderung des Auftretens unseriöser Anbieter hat DocMorris im Anlassfall zu Recht zudem auf die diversen Informationspflichten hingewiesen, die die E-Commerce-Richtlinie normiert, insbesondere deren Artikel 5, 6 und 10.

- Notwendigkeit der Sicherstellung einer flächendeckenden und bedarfsgerechten Versorgung

151.
    Mehrere Beteiligte haben vorgebracht, dass die Zulassung von Internetapotheken für Präsenzapotheken negative wirtschaftliche Konsequenzen hätte, ja sogar deren Existenzgrundlage gefährden würde. In diesem Zusammenhang haben mehrere Beteiligte auf die damit verbundene Gefahr für die Versorgungssicherheit hingewiesen.

152.
    Dazu ist auszuführen, dass die Versorgungssicherheit einen von der Rechtsprechung des Gerichtshofes anerkannten Grund darstellt, mit dem bestimmte nationale Maßnahmen gerechtfertigt werden können. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass die Maßnahme für die Erhaltung eines bestimmten Umfangs der Versorgung erforderlich ist(77).

153.
    Es kommt also auch in dieser Hinsicht darauf an, dass der betreffende Mitgliedstaat den Nachweis dafür erbringt, dass die entsprechende Versorgung nur durch die ergriffene Maßnahme gesichert werden kann. Die deutsche Regierung ist jedoch - ungeachtet von Prognosen und Befürchtungen - einen Nachweis dafür schuldig geblieben, dass die verfahrensgegenständliche Regelung für die Versorgungssicherheit unabdingbar erforderlich ist.

154.
    Die Zulassung des Versandhandels bedeutet zudem auch keineswegs automatisch das Aus für Präsenzapotheken. Das Nebeneinander verschiedener Vertriebsarten ist rechtlich durchaus möglich. So ist nicht ausgeschlossen, dass die Präsenzapotheken ihre Vorteile, wie beispielsweise die schnellere Versorgung durch Wegfall einer Lieferzeit und die Notversorgung nachts sowie am Wochenende, weiterhin auch wirtschaftlich nutzen können.

ii) Darlegungslast des betreffenden Mitgliedstaats

155.
    Abschließend sei auf die von der Rechtsprechung des Gerichtshofes auch in Vorabentscheidungsverfahren festgestellte Pflicht hingewiesen, wonach der Mitgliedstaat, der eine den Warenverkehr beschränkende Maßnahme für gerechtfertigt und verhältnismäßig hält, das auch nachzuweisen hat(78). So hat er darzutun, „dass die streitige Maßnahme das geeignetste ... und zugleich das den innergemeinschaftlichen Handel am wenigsten beschränkende Mittel war“(79).

156.
    Die Nachweispflicht betrifft hier insbesondere die Frage, ob die Zuverlässigkeit der Internetapotheke im Ursprungsland gewährleistet ist(80), hier also in dem Staat, von dem aus die Internetapotheke tätig ist. Des Weiteren hat der Gerichtshof ausdrücklich den Nachweis dafür verlangt, „dass die streitige Regelung erforderlich sei, um eine ausgewogene, allen zugängliche ... Versorgung sicherzustellen“(81).

157.
    Die Bundesrepublik Deutschland hat nicht nachgewiesen, dass das Versandhandelsverbot erforderlich und angemessen ist, d. h., dass die damit verfolgten Ziele im Fall einer weniger belastenden Regelung, die eine Reihe von Auflagen für den Betrieb von Internetapotheken vorsehen würde, nicht ebenso wirksam geschützt werden könnten.

158.
    Die Ziele einer qualifizierten Beratung, des Patientenschutzes und der Sicherstellung der Versorgung könnten auch durch weniger einschneidende Maßnahmen als durch die verfahrensgegenständliche Regelung erreicht werden, die ein schlichtes Verbot vorsieht.

159.
    Zu den geeigneten Maßnahmen gehören in erster Linie wohl die im Zusammenhang mit diesen Zielen jeweils genannten Anforderungen an die Kontrolle der Bestellungen, der Versendung und des Transports der Pakete sowie des Empfangs.

160.
    Ob DocMorris diese Anforderungen erfüllt, ist eine Frage eines konkreten Rechtsstreits. Einen solchen zu lösen, ist jedoch Aufgabe des nationalen Richters.

iii) Zwischenergebnis zur Vorlagefrage 1c)

161.
    Somit ist auf die Vorlagefrage 1c) zu antworten, dass die Artikel 28 EG und 30 EG dahin auszulegen sind, dass ein nationales Verbot des Imports von im Einfuhrstaat zugelassenen Arzneimitteln, die eine Apotheke eines anderen EU-Mitgliedstaats zuvor von Großhändlern aus dem Einfuhrstaat bezogen hat, zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen nicht gerechtfertigt ist, insoweit diese Maßnahme nicht verhältnismäßig ist.

VI - Zur zweiten Vorlagefrage

162.
    Auch die zweite Vorlagefrage ist dahin gehend umzuformulieren, dass sie nicht ausdrücklich auf die Vereinbarkeit einer bestimmten nationalen Maßnahme abzielt:

Sind die Art. 28 und 30 EGV dahin auszulegen, dass sie einem nationalen Verbot der Werbung für den Arzneimittelversand sowie für verschreibungspflichtige und für nicht im Einfuhrstaat, aber im Herkunftsstaat zugelassene apothekenpflichtige Humanarzneimittel entgegenstehen, wonach der Internet-Auftritt einer Apotheke eines EU-Mitgliedstaats, der neben einer reinen Präsentation seines Unternehmens die einzelnen Arzneimittel mit Produktname, eventueller Rezeptpflichtigkeit, Packungsgröße und Preis beschreibt und gleichzeitig die Möglichkeit bietet, mit einem Online-Bestellformular diese Arzneimittel zu bestellen, als verbotene Werbung eingestuft wird mit der Folge, dass grenzüberschreitende internetgestützte Arzneimittelbestellungen inklusive der grenzüberschreitenden Auslieferung jedenfalls erheblich erschwert werden?

A - Vorlagefragen 2 und 2a)

1. Vorlagefrage 2: Verbot der Werbung für den Arzneimittelversand und der Werbung für bestimmte Arzneimittel

a) Vorbringen der Beteiligten

163.
    Nach Dafürhalten von DocMorris ist die Möglichkeit der Internet-Bestellungen für den grenzüberschreitenden Arzneimittelversand auf der Endkundenebene unverzichtbar. Eine weite Auslegung des Begriffes der Öffentlichkeitswerbung führe dazu, dass auf dem Verbot der Richtlinie 92/28 basierende nationale Verbote den freien Warenverkehr beschränken. Solche Maßnahmen seien auch nicht zur Vermeidung der Selbstmedikation oder zum Schutz nationaler Zulassungssysteme gerechtfertigt.

164.
    Nach Auffassung des Apothekerverbandes hingegen verstießen auch die Werbeverbote, einschließlich jener für zugelassene Arzneimittel, nicht gegen die Artikel 28 EG und 30 EG. Das folge daraus, dass das Versandhandelsverbot mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei.

165.
    Die deutsche Regierung konzentriert sich in ihren Ausführungen auf das Verbot von § 8 Absatz 2 HWG und qualifiziert dieses als Verkaufsmodalität. Sollte der Gerichtshof diese Auffassung nicht teilen, sei das Verbot zumindest nach Artikel 30 EG gerechtfertigt.

166.
    Die französische Regierung kommt ausgehend von der Zulässigkeit des Versandhandelsverbotes zum Ergebnis, dass auch das Werbeverbot erlaubt sei. Das an Apotheken gerichtete Verbot, für sich zu werben, verstoße ebenso nicht gegen Artikel 28 EG.

167.
    Die griechische und die irische Regierung sehen das Werbeverbot für den Arzneimittelversand und für rezeptpflichtige, aber im Einfuhrstaat nicht zugelassene Arzneimittel als mit den Artikeln 28 EG und 30 EG vereinbar an. Die österreichische Regierung, die sich auf den Gemeinschaftskodex bezieht, hält ein Werbeverbot auch für nicht rezeptpflichtige aber apothekenpflichtige Arzneimittel für gerechtfertigt.

168.
    Die Kommission vertritt auch bezüglich der Werbeverbote für rezeptpflichtige und für nicht zugelassene Arzneimittel die Meinung, dass es sich dabei grundsätzlich um Verkaufsmodalitäten im Sinne der Keck-Rechtsprechung handelt. Hingegen sei das Verbot nach § 8 Absatz 2 HWG als Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Artikel 28 EG zu qualifizieren.

b) Würdigung

169.
    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das deutsche Heilmittelwerberecht grundsätzlich zwischen vier Werbeverboten unterscheidet: betreffend nicht zugelassene Arzneimittel (§ 3a HWG), betreffend rezeptpflichtige Arzneimittel (§ 10 HWG) und betreffend zwei Verbote hinsichtlich des Arzneimittelversandes. Zu Letzteren gehören § 8 Absatz 1 Satz 1 HWG, der die Werbung für den Bezug apothekenpflichtiger Arzneimittel im Allgemeinen verbietet, und § 8 Absatz 2, der die Werbung für die Einzeleinfuhr verbietet.

170.
    In der Vorlagefrage 2 nennt das vorlegende Gericht keine dieser Vorschriften des deutschen Rechts ausdrücklich, sondern führt drei Arten von Werbeverboten an: für den „Arzneimittelversand“, „für verschreibungspflichtige“ und „für nicht im Einfuhrstaat ... zugelassene“ Arzneimittel. In der Folge sind diese drei Verbote im Einzelnen zu prüfen:

i) Werbeverbot für den Arzneimittelversand

171.
    Die Vorlagefrage 2 bezieht sich erstens auf das Werbeverbot für den Arzneimittelversand. Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten des vorlegenden Gerichts geht hervor, dass das vorlegende Gericht in Bezug auf den Arzneimittelversand nur das Verbot von § 8 Absatz 1 HWG und nicht auch jenes von § 8 Absatz 2 HWG für anwendbar hält. Letztere Bestimmung gehört daher nicht zum rechtlichen und faktischen Rahmen des Ausgangsverfahrens.

172.
    Das Werbeverbot für den Arzneimittelversand des § 8 Absatz 1 Satz 1 HWG betrifft nur apothekenpflichtige Arzneimittel, stellt aber nicht auf Zulassungs- oder Rezeptpflichtigkeit ab.

173.
    Für die Beurteilung dieser Vorschrift im Lichte des Gemeinschaftsrechts ist zunächst zu untersuchen, ob der hier betroffene Bereich der Werbung für Arzneimittel abschließend harmonisiert ist. Trifft das zu, kommen vorrangig die entsprechenden Vorschriften des abgeleiteten Rechts zur Anwendung. Andernfalls greifen die Vorschriften des Primärrechts, hier also die Warenverkehrsfreiheit.

174.
    Von den sekundärrechtlichen Vorschriften kommt am ehesten die Richtlinie 92/28 in Betracht. Diese sieht nämlich in Artikel 2 Absatz 1 ein Werbeverbot vor. Da dieses an die Art der Arzneimittel, jedoch nicht an die Vertriebsform anknüpft, stimmt sein Geltungsbereich nicht mit dem des deutschen Werbeverbotes überein. Während das Verbot der Richtlinie nur für Arzneimittel gilt, für deren Inverkehrbringen keine Genehmigung nach Gemeinschaftsrecht erteilt worden ist, verbietet § 8 Absatz 1 Satz 1 HWG Werbung für den Bezug apothekenpflichtiger Arzneimittel im Wege des Versandes.

175.
    Gemeinschaftsrechtlicher Maßstab für ein Werbeverbot wie das des § 8 Absatz 1 HWG bleibt also die Warenverkehrsfreiheit. Diesbezüglich ist nun entscheidend, dass § 8 Absatz 1 erstens nicht nach der Herkunft der Erzeugnisse differenziert und zweitens für alle Wirtschaftsteilnehmer gilt, also auf den ersten Blick beide traditionellen Keck-Kriterien erfüllt. Ausgehend von der Keck-Formel liegt daher zunächst die Qualifizierung des Werbeverbotes nach § 8 Absatz 1 HWG als Verkaufsmodalität nahe.

176.
    Doch wie schon im Zusammenhang mit dem Versandhandelsverbot dargelegt, kommt es nicht allein darauf an, ob der Absatz ausländischer Erzeugnisse in der gleichen Weise berührt ist, sondern darauf, ob das Werbeverbot den Zugang zum Markt in einer Weise beschränkt, dass man nicht mehr von einer bloßen Verkaufsmodalität sprechen kann. Dann nämlich handelt es sich um eine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Artikel 28 EG(82).

177.
    DocMorris macht darauf aufmerksam, dass Werbeverbote die Arzneimittelbestellung per Internet vereiteln. Zu Recht weist DocMorris darauf hin, dass Internetapotheken im Unterschied zu Präsenzapotheken nur über diese Hinweismöglichkeit verfügen.

178.
    Das Werbeverbot im Sinne von § 8 Absatz 1 HWG beschränkt daher für Internetapotheken, welche auf diese Werbemöglichkeit angewiesen sind, den Zugang zum Endkunden in einer Weise, dass man es nicht als Verkaufsmodalität qualifizieren kann. Diese Qualifizierung trifft nämlich gerade auf solche nationalen Maßnahmen zu, die jedwede Form der Werbung verbieten.

179.
    Das Werbeverbot verstößt jedoch dann nicht gegen Artikel 28 EG, wenn es einem zwingenden Erfordernis dient und verhältnismäßig ist.

180.
    In diesem Zusammenhang ist auf ein Urteil des Gerichtshofes zu einem Werbeverbot des HWG hinzuweisen. So hatte sich der Gerichtshof in der Rechtssache Ortscheit mit dem Werbeverbot des § 8 Absatz 2 HWG auseinander zu setzen. Zwar ging es in jenem Verfahren nur um zulassungspflichtige, aber in Deutschland nicht zugelassene Arzneimittel, doch sind die Ausführungen des Gerichtshofes so allgemein gehalten, dass sie auf das verfahrensgegenständliche Werbeverbot übertragbar sind. In diesem Urteil hat der Gerichtshof anerkannt, dass das Verbot des § 8 Abs 2 HWG erforderlich ist, um nationale Zulassungsregelungen vor Umgehung zu schützen(83). Dieser Grundsatz hat auch für andere Werbeverbote für Arzneimittel zu gelten.

181.
    Während also die Mitgliedstaaten für zulassungspflichtige, aber nicht zugelassene oder nicht als genehmigt geltende Arzneimittel die fragliche Werbung verbieten dürfen, fehlt es hinsichtlich der nicht zulassungspflichtigen oder der zugelassenen Arzneimittel ähnlich wie beim Versandhandelsverbot an der Verhältnismäßigkeit des nationalen Verbotes.

ii) Werbeverbot für im Einfuhrstaat nicht zugelassene Arzneimittel

182.
    Die Vorlagefrage 2 bezieht sich zweitens auf das Werbeverbot für Arzneimittel, die im Einfuhrstaat, also in Deutschland, zulassungspflichtig sind, aber nicht zugelassen sind. Als einschlägige Norm des deutschen Rechts kommt dafür § 3a HWG in Betracht. Zwar geht dieser Vorschrift grundsätzlich die des Artikels 8 Absatz 2 HWG vor(84), doch spielt Letztere, wie aus dem Vorlagebeschluss hervorgeht, im Ausgangsverfahren keine Rolle.

183.
    Auch in Bezug auf das Werbeverbot für nicht zugelassene Arzneimittel geht es um die Auslegung der Artikel 28 EG und 30 EG. Diese Vorschriften bilden jedoch nur dann und insoweit den für die Lösung des Ausgangsverfahrens maßgeblichen gemeinschaftsrechtlichen Rahmen, als keine Vorschriften des abgeleiteten Rechts bestehen, welche vorrangig heranzuziehen wären.

184.
    In Bezug auf nicht zugelassene Arzneimittel enthält nun die Richtlinie 92/28 in ihrem Artikel 2 Absatz 1 ein ausdrückliches Werbeverbot.

185.
    Das Werbeverbot des § 3a HWG betrifft Arzneimittel, die weder nach gemeinschaftlichem Verfahren noch nach deutschem Recht zugelassen worden sind oder als zugelassen gelten. Diese Bestimmung des deutschen Rechts stellt also nur die nationale Vorschrift zur Umsetzung des Verbotes nach Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie dar.

186.
    Da somit die vorrangig anwendbare Richtlinie 92/28 greift, scheidet eine Beurteilung von § 3a HWG im Lichte des Primärrechts im vorliegenden Fall aus. Damit erübrigt sich auch eine Prüfung der nationalen Maßnahme als Verkaufsmodalität im Sinne der Keck-Formel.

iii) Werbeverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel

187.
    Drittens thematisiert das vorlegende Gericht mit der Vorlagefrage 2 auch die Frage der Vereinbarkeit eines nationalen Werbeverbotes für rezeptpflichtige Arzneimittel. Dieser Teil der Vorlagefrage zielt also auf das Werbeverbot nach § 10 HWG.

188.
    Auch hinsichtlich dieser Vorschrift des nationalen Rechts ist zuerst zu prüfen, ob dieser Aspekt durch sekundärrechtliche Bestimmungen abschließend harmonisiert ist.

189.
    Wie die Kommission zu Recht ausführt, enthält die Richtlinie 92/28 auch bezüglich rezeptpflichtiger Arzneimittel eine werberechtliche Regelung. So verpflichtet Artikel 3 Absatz 1 erster Spiegelstrich der Richtlinie 92/28 die Mitgliedstaaten ausdrücklich, die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel zu verbieten, die nur auf ärztliches Rezept abgegeben werden dürfen.

190.
    § 10 HWG kann damit als Vorschrift zur Umsetzung dieses Verbotes angesehen werden. Da Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 92/28 jedoch nur die Öffentlichkeitswerbung betrifft, stellt sich in der Folge die Frage, ob das nationale Werbeverbot des § 10 HWG sich im Rahmen der Richtlinie hält oder über das Gebot der Richtlinie 92/28 hinausgeht. Für den allenfalls überschießenden Teil der nationalen Regelung käme dann mangels sekundärrechtlicher Harmonisierung Primärrecht, also die Vorschriften der Artikel 28 EG und 30 EG, zur Anwendung. Dieses Rechtsproblem betreffend die Konformität dieses deutschen Werbeverbotes mit Primärrecht ist allerdings nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

2. Vorlagefrage 2a) - Internet-Präsentation als Öffentlichkeitswerbung?

191.
    Die Vorlagefrage 2a) hat die Bedeutung der Warenverkehrsfreiheit für den Begriff Öffentlichkeitswerbung im Sinne der Artikel 1 Absatz 3 und Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 92/28 zum Gegenstand.

a) Vorbringen der Beteiligten

192.
    Nach Auffassung von DocMorris ist der Begriff der Öffentlichkeitswerbung im Sinne von Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 92/28 nicht weit auszulegen, weil dadurch der Zugang zum Endkundenmarkt erheblich behindert würde. Der Begriff sei vielmehr primärrechtskonform dahin auszulegen, dass Online-Bestellformulare, die unverzichtbare Angaben für den Internetapothekenhandel enthalten, vom Begriff Öffentlichkeitswerbung nicht erfasst seien.

193.
    Die Werbeverbote von § 3a, § 8 Absatz 1 und Absatz 2 und § 10 verstoßen daher nach Ansicht von DocMorris gegen Artikel 28 EG.

194.
    Aus Artikel 1 Absatz 3 der E-Commerce-Richtlinie lasse sich DocMorris zufolge ableiten, dass Dienstleistungen der Informationsgesellschaft durch gemeinschaftsrechtlich vorgesehene Werbeverbote nicht unverhältnismäßig eingeschränkt werden dürfen, sodass für die Internet-Bestellungen von Arzneimitteln unabdingbare Mindestangaben in digitalen Bestellformularen nicht als verbotene Werbung einzustufen seien.

195.
    Dem Apothekerverband zufolge ist die Vorlagefrage 2a) zu verneinen, weil andernfalls System und Zusammenspiel der gemeinschaftsrechtlichen Regeln nicht beachtet würden. Die E-Commerce-Richtlinie bringe keine vollständige Harmonisierung der Dienste der Informationsgesellschaft und erfasse vor allem nicht die Bedingungen der Warenlieferungen. Auf den Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln sei die Richtlinie gar nicht anwendbar.

196.
    Die deutsche Regierung geht davon aus, dass die Werbung für Arzneimittel von der E-Commerce-Richtlinie ausgenommen sei. Vor Ablauf der Umsetzungsfrist sei auch eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts ausgeschlossen.

197.
    Artikel 1 Absatz 3 und der 11. Erwägungsgrund der E-Commerce-Richtlinie ließen das Schutzniveau für die öffentliche Gesundheit unberührt.

198.
    Das Werbeverbot von § 8 Absatz 2 HWG sei von der Richtlinie 92/28 gedeckt und gelte ungeachtet der E-Commerce-Richtlinie. Schließlich macht die deutsche Regierung darauf aufmerksam, dass nach Artikel 3 Absatz 4 der E-Commerce-Richtlinie Zivilgerichte bestimmte Werbemaßnahmen verbieten können, die den Schutz der öffentlichen Gesundheit beeinträchtigen.

199.
    Nach Auffassung der griechischen Regierung lässt die E-Commerce-Richtlinie die Vorschriften der Richtlinie 92/28 unberührt.

200.
    Die irische Regierung legt die Artikel 28 EG und 30 EG dahin aus, dass sie die verfahrensgegenständliche Internet-Präsentation vom Begriff der Öffentlichkeitswerbung nicht ausnehmen.

201.
    Die österreichische Regierung stützt sich in ihrem Vorbringen auf den Gemeinschaftskodex. Nach dessen Artikel 86 seien Arzneimittelbestelllisten als Werbung zu qualifizieren. Aus Artikel 88 Absatz 1 des Gemeinschaftskodex ergebe sich eine Pflicht der Mitgliedstaaten, die Werbung für rezeptpflichtige Arzneimittel zu verbieten. Für bestimmte Arzneimittel sehe Artikel 88 Absatz 2 eine Ausnahme davon vor. Auch die E-Commerce-Richtlinie stehe dem Werbeverbot nicht entgegen. Demnach können die Mitgliedstaaten nicht nur den Versandhandel mit Arzneimitteln selbst, sondern auch die Werbung dafür verbieten.

202.
    Die Kommission vertritt ebenfalls eine weite Auslegung des Begriffes Werbung, zu dem auch der der Öffentlichkeitswerbung gehöre. Der Begriff Werbung beziehe sich allerdings nicht auf Unternehmen, also Apotheken, sondern auf Waren. Nach Auffassung der Kommission gebieten weder die Artikel 28 EG und 30 EG noch die E-Commerce-Richtlinie eine andere Auslegung des Begriffes Werbung. Insgesamt sei die Vorlagefrage 2a) zu verneinen.

b) Würdigung

203.
    Im Unterschied zur Vorlagefrage 2 geht es in der Vorlagefrage 2a) um das Verbot der Öffentlichkeitswerbung für bestimmte Arzneimittel nach Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 92/28. Dieses Verbot knüpft an den Begriff der Öffentlichkeitswerbung an, der nach Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 92/28 zum Begriff der Werbung gehört.

204.
    Den Begriff „Werbung für Arzneimittel“ definiert Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 92/28 „als ... alle Maßnahmen zur Information, zur Marktuntersuchung und zur Schaffung von Anreizen mit dem Ziel, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern“.

205.
    Eine Legaldefinition des Begriffes „Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel“ sieht die Richtlinie 92/28 hingegen nicht vor. Ausgangspunkt für dessen Auslegung bleibt daher der Werbebegriff als Oberbegriff, zu dem nach Artikel 1 Absatz 3 erster Spiegelstrich auch die „Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel“ gehört.

206.
    Fraglich ist, ob der Internet-Auftritt einer Apotheke eines Mitgliedstaats, der neben einer reinen Präsentation seines Unternehmens die einzelnen Arzneimittel mit Produktname, eventueller Rezeptpflichtigkeit, Packungsgröße und Preis beschreibt und gleichzeitig die Möglichkeit bietet, mit einem Online-Bestellformular diese Arzneimittel zu bestellen, vom Begriff der Öffentlichkeitswerbung erfasst wird oder nicht.

207.
    Ausgehend von dem bewusst weit gefassten Werbebegriff(85) der Richtlinie 92/28 wird man auch den Begriff der Öffentlichkeitswerbung weit auszulegen haben. Dafür spricht, dass in den Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Arzneimittelwerbung in der Praxis grundsätzlich zwischen Werbung für die Öffentlichkeit und Werbung für Fachkreise unterschieden wird. Dieser Unterschied im Adressatenkreis alleine rechtfertigt jedoch keine Reduzierung des Begriffes. Allerdings kommt angesichts der größeren Schutzwürdigkeit der Öffentlichkeit, d. h. von Laien, dem Verbot der Werbung besondere Bedeutung zu.

208.
    Für eine weite Auslegung des Begriffes der Öffentlichkeitswerbung sprechen auch der vierte und der sechste Erwägungsgrund der Richtlinie 92/28, in denen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zum Ausdruck kommt: Grundsätzlich ist Werbung verboten, ausnahmsweise kann sie erlaubt werden.

209.
    Der weite Begriff „Öffentlichkeitswerbung“ ist jedoch jedenfalls insoweit zu reduzieren, als er nicht allgemeine Angaben über eine Internetapotheke umfasst, also nicht die Image- oder Unternehmenswerbung. Der Kern einer Öffentlichkeitswerbung besteht in der Produktwerbung.

210.
    Die nach Auffassung von DocMorris unverzichtbaren Angaben wie Produktname, Inhaltsstoffe, eventuelle Rezeptpflicht, Packungsgröße und Preis deuten darauf hin, dass es in casu um Produktwerbung geht.

211.
    Zur Beurteilung ist dabei wesentlich auf den objektiven Eindruck für den Verbraucher aufgrund des Gesamterscheinungsbildes der Homepage abzustellen(86). Ein entscheidendes Indiz kommt dabei dem Umstand zu, dass DocMorris sein Sortiment in verschiedene Rubriken einteilt, in denen jeweils die einzelnen Arzneimittel angeführt sind. Diese können durch Anklicken eines Kästchens bestellt werden. Das Sortiment kann also durch Operationen des Internet-Nutzers produktbezogen konkretisiert werden. Nach einer anderen Auffassung genügt bereits das Nennen von Arzneimitteln, um eine Werbewirkung einer Internet-Präsentation anzunehmen(87).

212.
    Während also die reine Präsentation des Unternehmens DocMorris nicht als Werbung im Sinne der Richtlinie 92/28 zu qualifizieren ist, gilt das für die Beschreibung der Arzneimittel mit Produktname, eventueller Rezeptpflichtigkeit, Packungsgröße und Preis verbunden mit der Möglichkeit, mit einem Online-Bestellformular diese Arzneimittel zu bestellen, sehr wohl.

213.
    Insoweit liegt im Ausgangsverfahren also eine produktbezogene Absatzwerbung vor, die unter den Begriff „Öffentlichkeitswerbung“ im Sinne der Richtlinie 92/28 fällt.

214.
    Eine Auslegung im Lichte des höherrangigen Primärrechtes führt dabei zu keinem anderen Ergebnis. Die Warenverkehrsfreiheit ist inhaltlich zu wenig konkret, als dass sich aus ihr eine Reduzierung des weiten Begriffes „Öffentlichkeitswerbung“ ableiten ließe.

215.
    Dass die Präsentation von Internet-Bestellformularen für den Arzneimittelversand einer Internetapotheke unabdingbar ist, trifft zwar in wirtschaftlicher Hinsicht zu, ändert aber am Ergebnis nichts. Wie die Kommission zu Recht ausführt, sind nämlich Verbringung eines Produktes und Bewerbung eines Produktes getrennt zu beurteilen.

216.
    Zu der in der Vorlagefrage 2a) ausdrücklich angeführten E-Commerce-Richtlinie und deren Auswirkungen auf den Begriff der Öffentlichkeitswerbung ist darauf hinzuweisen, dass diese Richtlinie erst bis zum 17. Januar 2002 umzusetzen war. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes(88) sind jedoch Richtlinien, deren Umsetzungsfrist in dem Zeitpunkt, in dem sich der zugrunde liegende Sachverhalt ereignet hat, noch nicht abgelaufen ist, nicht anwendbar.

217.
    Somit ist hier auf die grundsätzliche Frage des Verhältnisses der E-Commerce-Richtlinie zur Richtlinie 92/28 nicht einzugehen. Wegen der Nichtanwendbarkeit der E-Commerce-Richtlinie ist hier auch nicht auf die Bedeutung des darin normierten Herkunftslandprinzips, auf die nach Artikel 3 Absatz 4 der E-Commerce-Richtlinie bestehende Möglichkeit zur Abweichung aus Gründen der öffentlichen Gesundheit und auf die Reichweite der Ausnahme zum Zweck des Schutzes der öffentlichen Gesundheit nach Artikel 1 Absatz 3 der E-Commerce-Richtlinie einzugehen.

3. Zwischenergebnis

218.
    Die Artikel 28 EG und 30 EG sind dahin auszulegen, dass sie einem nationalen Werbeverbot für den Arzneimittelversand - abgesehen von der Werbung für Humanarzneimittel - entgegenstehen, es sei denn, das Verbot dient dem Schutz nationaler Zulassungsvorschriften und ist verhältnismäßig.

219.
    Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 92/28 ist dahin auszulegen, dass er einem nationalen Werbeverbot für rezeptpflichtige Humanarzneimittel nicht entgegensteht.

220.
    Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 92/28 ist dahin auszulegen, dass er einem nationalen Werbeverbot für nicht im Einfuhrstaat, aber im Herkunftsstaat zugelassene apothekenpflichtige Humanarzneimittel nicht entgegensteht.

221.
    Der Begriff „Öffentlichkeitswerbung“ in Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 92/28 ist dahin auszulegen, dass er auch den Internet-Auftritt einer Apotheke eines Mitgliedstaats umfasst, der die einzelnen Arzneimittel mit Produktname, eventueller Rezeptpflichtigkeit, Packungsgröße und Preis beschreibt und gleichzeitig die Möglichkeit bietet, mit einem Online-Bestellformular diese Arzneimittel zu bestellen.

B - Vorlagefrage 2b): Teile des Internetauftritts als Verkaufskatalog und/oder Preisliste?

222.
    Die Vorlagefrage 2b) betrifft die mögliche Qualifizierung von Online-Bestellformularen, die nur die für die Bestellung erforderlichen Mindestangaben enthalten, und/oder von anderen Teilen des Internetauftritts als Verkaufskataloge und/oder Preislisten im Sinne von Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 92/28. Diese Bestimmung nimmt nämlich Verkaufskataloge und Preislisten vom Geltungsbereich der Richtlinie 92/28 und damit vom Werbeverbot aus.

1. Vorbringen der Beteiligten

223.
    DocMorris legt Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 92/28 ausgehend von seinem Zweck aus und kommt so zum Ergebnis, dass auch digitale Bestellformulare, die hinsichtlich ihres Informationsgehaltes und Absatzanreizes zwischen Verkaufskatalogen und Preislisten liegen, vom Werbeverbot ausgenommen seien. Informationen, die für den Arzneimittelhandel erforderlich sind, dürften nicht als Werbung eingestuft werden.

224.
    Der Apothekerverband schlägt aus den zur Vorlagefrage 2a) vorgebrachten Gründen vor, die Vorlagefrage 2b) zu verneinen. Der E-Commerce-Richtlinie komme auch hier keine vorrangige Bedeutung für die Auslegung der Richtlinie 92/28 zu.

225.
    Die deutsche Regierung spricht sich gegen eine Einschränkung des Werbebegriffes aus und weist darauf hin, dass nach Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 92/28 nur solche Verkaufskataloge und Preislisten ausgenommen seien, die keine Angaben über das Arzneimittel enthalten.

226.
    Die griechische, irische und österreichische Regierung qualifizieren die in der Vorlagefrage angeführten Informationen über die Internetapotheke ebenso als Werbung im Sinne der Richtlinie 92/28.

Einige Regierungen weisen auch darauf hin, dass Verkaufskataloge und Preislisten, die Angaben über Arzneimittel enthalten, ausdrücklich nicht unter die Ausnahme fallen.

227.
    Die Kommission legt Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 92/28 dahin aus, dass Online-Bestellformulare und/oder andere Teile des Internet-Auftritts einer Apotheke nicht unter die Begriffe „Verkaufskataloge“ und/oder „Preislisten“ fallen.

2. Würdigung

228.
    Zunächst ist davon auszugehen, dass die Bestimmung des Artikels 1 Absatz 4 der Richtlinie 92/28 eine Ausnahme vom Geltungsbereich der Richtlinie, und damit vom Werbeverbot, normiert und schon von daher eng auszulegen ist.

229.
    Des Weiteren ist darauf aufmerksam zu machen, dass die hier in Betracht kommende Ausnahme des dritten Spiegelstrichs von Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 92/28 keine demonstrative Aufzählung enthält, sondern nur Verkaufskataloge und Preislisten nennt. Von Bestellformularen irgendwelcher Art, geschweige denn von Online-Formularen, ist in dieser Bestimmung aber nicht die Rede.

230.
    Der von DocMorris vorgenommenen Qualifizierung von Online-Bestellformularen ist insoweit zuzustimmen, als diese Formulare tatsächlich mehr Informationen als eine Preisliste enthalten. Hingegen trifft es nicht unbedingt zu, dass Online-Bestellformulare generell weniger Information enthalten als Verkaufskataloge. Aber selbst wenn das der Fall sein sollte, ist doch entscheidend, dass Online-Bestellformulare insoweit jedenfalls mehr Informationen enthalten als ein schlichter Verkaufskatalog, als Verkaufskataloge nicht unbedingt ein Bestellformular enthalten.

231.
    Des Weiteren ist mit der Kommission darauf aufmerksam zu machen, dass der Internet-Auftritt einer Apotheke der Anbahnung einer geschäftlichen Verbindung dient.

232.
    Dem von DocMorris vorgebrachten Argument, dass ein Online-Bestellformular für den Arzneimittelversandhandel erforderlich ist, ist entgegenzuhalten, dass Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 92/28 überhaupt nicht auf eine Erforderlichkeit abstellt.

233.
    Eine abschließende Qualifizierung der Online-Bestellformulare als Verkaufskataloge oder Preislisten kann hier jedoch aus einem anderen Grund unterbleiben. Denn selbst wenn Online-Bestellformulare als Verkaufskatalog oder Preisliste zu qualifizieren sein sollten, führt das allein noch nicht zur Nichtanwendbarkeit der Richtlinie.

234.
    Denn Artikel 1 Absatz 4 dritter Spiegelstrich der Richtlinie 92/28 nimmt nur solche Verkaufskataloge oder Preislisten aus, die einer weiteren Voraussetzung genügen, nämlich „sofern diese keine Angaben über das Arzneimittel enthalten“.

235.
    Nun mag man zwar darüber streiten, wie der Begriff „Angaben“ zu interpretieren ist, jedoch enthält der Internet-Auftritt von DocMorris jedenfalls solche Informationen, die von der Zielsetzung der Richtlinie 92/28 her nicht in Verkaufskatalogen oder Preislisten aufscheinen sollten. DocMorris weist nämlich in seiner schriftlichen Stellungnahme sogar ausdrücklich darauf hin, dass das Bestellformular auch Angaben über die „Arzneimittelwirk- und Inhaltsstoffe“ enthält. Die Vorlagefrage 2b) führt demgegenüber lediglich eine Reihe anderer Angaben an.

236.
    Welche Angaben der Internet-Auftritt von DocMorris tatsächlich umfasst, insbesondere ob er also auch Angaben über Arzneimittel enthält, hat aber nicht der Gerichtshof, sondern der nationale Richter festzustellen.

3. Zwischenergebnis

237.
    Auf die Vorlagefrage 2b) ist daher zu antworten, dass Online-Bestellformulare, die Angaben über Arzneimittel enthalten, nicht als Verkaufskataloge und/oder Preislisten im Sinne des Artikels 1 Absatz 4 der Richtlinie 92/28 anzusehen sind.

C - Dienstleistungsfreiheit

238.
    Im Hinblick auf die in Deutschland geltenden Werbeverbote könnte man sich auch die Frage nach deren Vereinbarkeit mit der Dienstleistungsfreiheit oder - wie es in einem Vorabentscheidungsverfahren geboten ist - danach stellen, ob die Dienstleistungsfreiheit dahin auszulegen ist, dass sie den verfahrensgegenständlichen Werbeverboten entgegensteht.

1. Vorbringen der Beteiligten

239.
    Zur Dienstleistungsfreiheit haben der Apothekerverband und die deutsche Regierung in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass diese Grundfreiheit im vorliegenden Verfahren nicht greift.

240.
    Die griechische Regierung setzt den Verkauf von Arzneimitteln über das Internet mit dem nach Artikel 14 der Fernsehrichtlinie(89) verbotenen Teleshopping gleich.

241.
    Die Kommission hat bereits in ihrer schriftlichen Stellungnahme ausgeführt, dass DocMorris mit der Internet-Präsentation auch Besteller in deutschsprachigen Mitgliedstaaten erreichen wolle. Die deutschen Werbeverbote seien als Beschränkungen des Dienstleistungsverkehrs zu qualifizieren. Diese Beschränkungen könnten jedoch aus Gründen des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt sein.

2. Würdigung

242.
    Um sich mit dem Rechtsproblem einer eventuellen Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit auseinander zu setzen, ist zunächst zu untersuchen, ob die Dienstleistungsfreiheit überhaupt anwendbar ist, und nicht etwa die Warenverkehrsfreiheit.

243.
    Zunächst wäre zu fragen, ob es um eine Werbeleistung an sich geht, d. h. um die Dienstleistung der Werbung, oder ob es um die Werbung für etwas anderes geht. Innerhalb der ersten Fallgruppe, also der Werbung als Dienstleistung, ist wiederum zwischen der Tätigkeit von Werbeunternehmen und der Tätigkeit von Unternehmen zu unterscheiden, die einen Werbeträger betreiben, also etwa ein Fernsehunternehmen. Innerhalb der zweiten Fallgruppe kann man danach differenzieren, ob die Werbung für eine Ware, z. B. ein Arzneimittel, oder für eine Dienstleistung erfolgt.

244.
    Die verfahrensgegenständlichen Werbeverbote des HWG lassen sich insofern unterscheiden, als § 8 den Arzneimittelversand betrifft, während die Werbeverbote des § 3a und des § 10 für bestimmte Arten von Arzneimitteln gelten.

245.
    Die wirtschaftliche Konstruktion des Arzneimittelversands im Ausgangsverfahren zeichnet sich dadurch aus, dass es nicht um die wirtschaftliche Tätigkeit eines Werbeunternehmens oder eines Medienunternehmers geht, sondern darum, dass ein Händler, nämlich eine Internetapotheke, selbst bestimmte Waren und eine bestimmte Bezugsform bewirbt.

246.
    Davon zu unterscheiden wäre die Konstellation, dass eine Apotheke ein Printmedium oder Fernsehunternehmen damit beauftragt, für seine wirtschaftliche Tätigkeit, nämlich den Arzneimittelversand, zu werben. Somit ist der von der Kommission gezogene Vergleich zwischen der Internet-Präsentation von DocMorris und einer Fernsehwerbung für in anderen Mitgliedstaaten ansässige Zuschauer nur bedingt zutreffend.

247.
    Wieder eine andere Konstellation wäre der Fall, dass ein Arzneimittelhersteller selbst - in den Grenzen des Gemeinschaftsrechts - seine Produkte bewerben lässt.

248.
    Der Versand von Arzneimitteln kann hier nicht als gesondert zu beurteilende wirtschaftliche Tätigkeit qualifiziert werden. Vielmehr handelt es sich bloß um eine bestimmte Form des Bezugs, also um die Warenlieferung. Diese stellt also keine eigenständige Dienstleistung dar. Während sich somit der Werbemarkt vom Markt der Waren wirtschaftlich wie rechtlich unterscheiden lässt, wäre eine gesonderte Beurteilung der wirtschaftlichen Vorgänge des Ausgangsverfahren mehr als gekünstelt(90).

249.
    Das Ausgangsverfahren unterscheidet sich also wesentlich von den Verfahren, die der Gerichtshof in den Fällen der Fernseh- oder Kabelwerbung(91) zu entscheiden hatte. Insbesondere erweist sich das Urteil in der Rechtssache De Agostini, auf das die Kommission Bezug genommen hat, für Beschränkungen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Händlers des beworbenen Produktes(92), etwa eines Apothekers, nicht als einschlägig. Denn in der Rechtssache De Agostini hatte sich der Gerichtshof hinsichtlich der Dienstleistungsfreiheit auf die Dienstleistung des Unternehmens, das die Werbetätigkeiten erbringen wollte, und die diesbezügliche nationale Beschränkung konzentriert, und nicht auf das Unternehmen, dessen Waren oder Dienstleistungen beworben werden sollten.

250.
    Da das vorlegende Gericht in keiner seiner Vorlagefragen auf die Dienstleistungsfreiheit Bezug genommen hat, darf es auch nicht verwundern, dass es dem Gerichtshof auch keine dementsprechenden Informationen übermittelt hat. Aber auch den sonstigen Akten lassen sich keine ausreichenden Hinweise entnehmen, um die verfahrensgegenständlichen Werbeverbote im Lichte der Dienstleistungsfreiheit beurteilen zu können.

251.
    Daher kann der Gerichtshof meiner Ansicht nach im vorliegenden Fall zur Auslegung der Dienstleistungsfreiheit nicht Stellung nehmen.

252.
    Es bleibt daher dem vorlegenden Gericht überlassen, für den Fall, dass es in dem von ihm zu entscheidenden Rechtsstreit auch die Dienstleistungsfreiheit anwendet, die entsprechende Prüfung anhand der konkreten Umstände anzustellen. Dabei wäre zu untersuchen, ob die Werbeverbote ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgen, also etwa den Schutz der öffentlichen Gesundheit. Zusätzlich wäre zu prüfen, ob die Werbeverbote auch verhältnismäßig sind, d. h., ob sie zur Erreichung des Zieles geeignet, erforderlich und angemessen sind.

VII - Zur dritten Vorlagefrage

1. Vorbringen der Beteiligten

253.
    DocMorris geht davon aus, dass der grenzüberschreitende Arzneimittelversand sicherzustellen sei. Das habe auch für den Fall zu gelten, dass Teilaspekte einer Internet-Präsentation gegen Heilmittelwerberecht verstoßen sollten.

254.
    Nach Auffassung des Apothekerverbandes kann es nicht darum gehen, den grenzüberschreitenden Warenverkehr, also den Arzneimittelversand, „um jeden Preis durchzusetzen“. Eine Änderung ließe sich allenfalls mit einer Neuregelung auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts herbeiführen.

255.
    Auch die deutsche Regierung verneint die dritte Vorlagefrage. Vielmehr erfordere die effektive Durchsetzung des Verbotes, nicht zugelassene Arzneimittel in Verkehr zu bringen, auch eine Beschränkung jeder Form von Werbung, die darauf abzielt, dieses Verbot zu unterlaufen.

256.
    Für die französische, griechische und irische Regierung sowie die Kommission ist es nicht erforderlich, die dritte Vorlagefrage zu beantworten.

2. Würdigung

257.
    Die dritte Vorlagefrage betrifft ebenso die Auslegung der Artikel 28 EG und 30 EG, und zwar - wie schon die erste Vorlagefrage - in Bezug auf den Arzneimittelhandel. Im Kern zielt sie darauf, ob ein Werbeverbot Auswirkungen auf die Beurteilung der Zulässigkeit des Arzneimittelhandels hat.

258.
    In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass Handel und Werbung zwar wirtschaftlich zusammenhängen, aber dennoch rechtlich gesondert zu behandeln sind.

259.
    Im vorliegenden Verfahren ist das bereits durch die Vorlagefragen vorgezeichnet, deren erste sich auf den Arzneimittelhandel, und deren zweite sich auf die Werbung für den Versand, also den Handel, und auf die Werbung für bestimmte Arzneimittel bezieht.

260.
    An dieser Stelle kann daher hinsichtlich der Auslegung der Artikel 28 EG und 30 EG in Bezug auf den Arzneimittelhandel nur auf die Beantwortung der ersten Vorlagefrage verwiesen werden.

VIII - Ergebnis

261.
    Nach alledem wird dem Gerichtshof vorgeschlagen, die Vorlagefragen wie folgt zu beantworten:

1.    Artikel 28 EG ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, nach der die gewerbsmäßige grenzüberschreitende Einfuhr von apothekenpflichtigen Humanarzneimitteln im Wege des Versandhandels durch zugelassene Apotheken aus anderen Mitgliedstaaten aufgrund individueller Bestellungen von Endverbrauchern per Internet untersagt ist, eine Maßnahme gleicher Wirkung darstellt.

    

    Die Artikel 28 EG und 30 EG sind dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, nach der die gewerbsmäßige grenzüberschreitende Einfuhr von apothekenpflichtigen Humanarzneimitteln im Wege des Versandhandels durch zugelassene Apotheken aus anderen Mitgliedstaaten aufgrund individueller Bestellungen von Endverbrauchern per Internet untersagt ist, auch wenn vor der Auslieferung verschreibungspflichtiger Arzneimittel ein ärztliches Originalrezept bei der versendenden Apotheke eingegangen sein muss, zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt ist, wenn es sich um Arzneimittel handelt, die in dem Staat, in den sie verbracht werden, zulassungspflichtig sind, für die aber weder eine nationale Zulassung oder Anerkennung besteht, noch eine zentrale gemeinschaftsrechtliche Genehmigung erteilt wurde.

    

    Die Artikel 28 EG und 30 EG sind dahin auszulegen, dass ein nationales Verbot des Imports von im Einfuhrstaat zugelassenen Arzneimitteln, die eine zugelassene Apotheke eines anderen EU-Mitgliedstaats zuvor von Großhändlern aus dem Einfuhrstaat bezogen hat, zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen nicht gerechtfertigt ist, insoweit die Erreichung der vom Einfuhrstaat verfolgten Ziele auf andere Weise sichergestellt ist.

    

2.    Die Artikel 28 EG und 30 EG sind dahin auszulegen, dass sie einem nationalen Verbot der Werbung für den Arzneimittelversand - abgesehen von der Werbung für Humanarzneimittel - entgegenstehen, es sei denn, das Verbot dient dem Schutz nationaler Zulassungsvorschriften und ist verhältnismäßig.

    

    Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel ist dahin auszulegen, dass er einem nationalen Werbeverbot für rezeptpflichtige Humanarzneimittel nicht entgegensteht.

    

    Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 92/28/EWG ist dahin auszulegen, dass er einem nationalen Werbeverbot für nicht im Einfuhrstaat, aber im Herkunftsstaat zugelassene apothekenpflichtige Humanarzneimittel nicht entgegensteht.

    

    Der Begriff „Öffentlichkeitswerbung“ in Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 92/28/EWG ist dahin auszulegen, dass er auch den Internet-Auftritt einer Apotheke eines Mitgliedstaats umfasst, der die einzelnen Arzneimittel mit Produktname, eventueller Rezeptpflichtigkeit, Packungsgröße und Preis beschreibt und gleichzeitig die Möglichkeit bietet, mit einem Online-Bestellformular diese Arzneimittel zu bestellen.

    

    Online-Bestellformulare, die Angaben über Arzneimittel enthalten, sind nicht als Verkaufskataloge und/oder Preislisten im Sinne des Artikels 1 Absatz 4 der Richtlinie 92/28/EWG anzusehen.

3.    Die Artikel 28 EG und 30 EG sind dahin auszulegen, dass der mit Hilfe einer Internet-Präsentation stattfindende grenzüberschreitende Arzneimittelhandel unabhängig von der Zulässigkeit eines Werbeverbotes zu beurteilen ist.


1: -     Originalsprache: Deutsch.


2: -     ABl. 1965, Nr. P 22, S. 369.


3: -     ABl. L 214, S. 22.


4: -     ABl. L 311, S. 67.


5: -     ABl. L 113, S. 13.


6: -     ABl. L 144, S. 19.


7: -     ABl. L 178, S. 1.


8: -     In der Fassung des BGBl. 1998 I S. 2649.


9: -     BGBl. 1994 I S. 3068.


10: -     Urteil vom 10. November 1994 in der Rechtssache C-320/93 (Ortscheit, Slg. 1994, I-5243).


11: -     So die Bezeichnung durch das vorlegende Gericht, das sich damit ausdrücklich weder auf § 43 AMG noch auf § 73 AMG bezieht.


12: -     Urteile vom 12. Juli 2001 in der Rechtssache C-399/98 (Ordine degli Architetti u. a., Slg. 2001, I-5409, Randnr. 48) und vom 30. April 1998 in den Rechtssachen C-37/96 und C-38/96 (Sodiprem u. a. und Albert, Slg. 1998, I-2039, Randnr. 22).


13: -     Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (ABl. L 298, S. 23).


14: -     Vgl. in diesem Sinne die Urteile vom 23. November 1989 in der Rechtssache 150/88 (Parfümerie-Fabrik, Slg. 1989, 3891, Randnr. 28), vom 12. Oktober 1993 in der Rechtssache C-37/92 (Vanacker und Lesage, Slg. 1993, I-4947, Randnr. 9), vom 13. Dezember 2001 in der Rechtssache C-324/99 (DaimlerChrysler, Slg. 2001, I-9897, Randnr. 32) und vom 24. Oktober 2002 in der Rechtssache C-99/01 (Linhart und Biffl, Slg. 2002, I-9375, Randnr. 18).


15: -     Urteil vom 24. November 1993 in den verbundenen Rechtssachen C-267/91 und C-268/91 (Keck und Mithouard, Slg. 1993, I-6097, Randnrn. 16 und 17).


16: -     So die Terminologie von González Vaqué, „La sentencia .Laura‘“, Gaceta Jurídica de la C.E. y de la Competencia - Boletín 1998, Nr. 135, 15 (19).


17: -     Mitunter fälschlicherweise als Diskrimination bezeichnet. Vgl. so etwa Picod, „La nouvelle approche de la Cour de justice en matière d'entraves aux échanges“, Revue trimestrielle de droit européen, 1998, 169 (178).


18: -     Siehe dazu auch Hénin, „Libre circulation, conditionnement des médicaments et marques“, in: Droit communautaire et médicament, 1996, 65 (87).


19: -     Urteile vom 20. Juni 1996 in den verbundenen Rechtssachen C-418/93, C-419/93, C-420/93, C-421/93, C-460/93, C-461/93, C-462/93, C-464/93, C-9/94, C-10/94, C-11/94, C-14/94, C-15/94, C-23/94, C-24/94 und C-332/94 (Semeraro Casa Uno u. a., Slg. 1996, I-2975) und vom 2. Juni 1994 in den verbundenen Rechtssachen C-401/92 und C-402/92 (Tankstation 't Heukske und Boermans, Slg. 1994, I-2199).


20: -     Urteil vom 29. Juni 1995 in der Rechtssache C-391/92 (Kommission/Griechenland, Slg. 1995, I-1621).


21: -     Urteil vom 14. Dezember 1995 in der Rechtssache C-387/93 (Banchero, Slg. 1995, I-4663).


22: -     Urteil vom 23. Oktober 1997 in der Rechtssache C-189/95 (Franzén, Slg. 1997, I-5909).


23: -     Urteil vom 15. Dezember 1993 in der Rechtssache C-292/92 (Hünermund u. a., Slg. 1993, I-6787).


24: -     Urteil vom 9. Februar 1995 in der Rechtssache C-412/93 (Leclerc-Siplec, Slg. 1995, I-179).


25: -     Das folgt e contrario aus den Urteilen vom 6. Juli 1995 in der Rechtssache C-470/93 (Mars, Slg. 1995, I-1923) und vom 26. Juni 1997 in der Rechtssache C-368/95 (Familiapress, Slg. 1997, I-3689).


26: -     Urteil vom 11. August 1995 in der Rechtssache C-63/94 (Belgapom, Slg. 1995, I-2467).


27: -     Urteile in den verbundenen Rechtssachen C-267/91 und C-268/91 (zitiert in Fußnote 15), Randnr. 12, und in der Rechtssache C-412/93 (zitiert in Fußnote 24), Randnr. 19.


28: -     Urteile vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-323/93 (Crespelle, Slg. 1994, I-5077, Randnr. 29), vom 23. Oktober 1997 in der Rechtssache C-189/95 (zitiert in Fußnote 22), Randnr. 71, und vom 26. Juni 1997 in der Rechtssache C-368/95 (zitiert in Fußnote 25), Randnr. 12.


29: -     Vgl. Generalanwalt Van Gerven in seinen Schlussanträgen in den verbundenen Rechtssachen C-401/92 und C-402/92 (Urteil zitiert in Fußnote 19); Hénin (zitiert in Fußnote 18) 71 ff; vgl. auch Gormley, „Two years after Keck“, Fordham international law journal, 1996, 866 (880); Greaves, „Advertising restrictions and the free movement of goods and services“, European law review, 1998, 305 (310 und 318); Heermann, „Artikel 30 EGV im Lichte der .Keck‘-Rechtsprechung“, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht: Internationaler Teil, 1999, 579 (585).

    

    Siehe hingegen Mattera, „De l'arrêt .Dassonville‘ à l'arrêt .Keck‘: l'obscure clarté d'une jurisprudence riche en principes novateurs et en contradictions“, Revue du marché unique européen, 1994, 117 (149), der sich dagegen ausspricht, dass jede Anpassung an eine Regelung des Einfuhrstaates schon als Erschwernis gilt. Kritisch gegenüber Kosten als generelles Kriterium Rolf Sack, „Staatliche Werbebeschränkungen und die Art. 30 und 59 EG-Vertrag“, Wettbewerb in Recht und Praxis, 1998, 103 (107).


30: -     Picod (zitiert in Fußnote 17), S. 188 f.


31: -    Urteil vom 13. Januar 2000 in der Rechtssache C-254/98 (TK-Heimdienst, Slg. 2000, I-151, Randnr. 26).


32: -     Urteil in der Rechtssache C-292/92 (zitiert in Fußnote 23), Randnr. 23, in den verbundenen Rechtssachen C-401/92 und C-402/92 (zitiert in Fußnote 19), Randnr. 14, und in der Rechtssache C-412/93 (zitiert in Fußnote 24), Randnr. 23.


33: -     Urteil in der Rechtssache C-292/92 (zitiert in Fußnote 23), Randnr. 23, in den verbundenen Rechtssachen C-401/92 und C-402/92 (zitiert in Fußnote 19), Randnr. 14, und in der Rechtssache C-412/93 (zitiert in Fußnote 24), Randnr. 23.


34: -     Urteil in der Rechtssache C-320/93 (zitiert in Fußnote 10), Randnr. 10.


35: -     Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-267/91 und C-268/91 (zitiert in Fußnote 15), Randnr. 13.


36: -     Urteil in der Rechtssache C-292/92 (zitiert in Fußnote 23), Randnr. 20.


37: -     Urteil in der Rechtssache C-412/93 (zitiert in Fußnote 24), Randnr. 20.


38: -     Ablehnend auch Generalanwalt Lenz in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache C-391/92 (Urteil zitiert in Fußnote 20), Nr. 20.


39: -     Vgl. Clarke, „E-commerce and pharmacy law“, The Bar review, 2001, 357 (362); Thurnher/Hohensinner, „Fragen Sie Ihren Internetapotheker“, ecolex 2001, 493 (496).


40: -     Urteil vom 24. November 1993 in den verbundenen Rechtssachen C-267/91 und C-268/91 (zitiert in Fußnote 15), Randnr. 17.


41: -     Vgl. hingegen Rolf Sack (zitiert in Fußnote 29), 105.


42: -     Problematisiert etwa von Gormley (zitiert in Fußnote 29), 884 f., und Oliver, „Some further reflections on the scope of articles 28-30 (ex 30-36) EC“, Common market law review, 1999, 783 (795).


43: -     Schwintowksi, „Freier Warenverkehr im europäischen Binnenmarkt: eine Fundamentalkritik des EuGH zu Art. 28 EGV“, in: Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des europäischen Privatrechts, 2000, 457 (468).


44: -     Vgl. Generalanwalt Elmer in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache C-189/95 Franzén (Urteil zitiert in Fußnote 22).


45: -     So etwa Generalanwalt Jacobs in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache C-412/93 (Urteil zitiert in Fußnote 24).

    

    Siehe auch Dauses, „Die Rechtsprechung des EuGH zum Verbraucherschutz und zur Werbefreiheit im Binnenmarkt“, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, 1995, 425 (428); Rolf Sack, (zitiert in Fußnote 29), 109; die Beiträge in Schwarze (Hrsg.), Werbung und Werbeverbote im Lichte des europäischen Gemeinschaftsrechts, 1999; Weatherill, „After Keck: some thoughts on how to clarify the clarification“, Common market law review, 1996, 885 (897).


46: -     Urteil vom 4. November 1997 in der Rechtssache C-337/95 (Dior, Slg. 1997, I-6013, Randnr. 51).


47: -     Urteil vom 10. Mai 1995 in der Rechtssache C-384/93 (Alpine Investments, Slg. 1995, I-1141, Randnrn. 35 und 38).


48: -     Urteil vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-76/90 (Säger, Slg. 1991, I-4221, Randnr. 12).


49: -     Kröck, Der Einfluss der europäischen Grundfreiheiten am Beispiel der Ärzte und Arzneimittel, 1998, 200.


50: -     Für eine solche Alternativlösung Rolf Sack, „Staatliche Regelung so genannter .Verkaufsmodalitäten‘ und Art. 30 EG-Vertrag“, Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht, 1994, 37 (45).


51: -     Zum Unterschied siehe näher Oliver (zitiert in Fußnote 42), 799.


52: -     Vgl. Generalanwalt Jacobs in seinen Schlussanträgen in den verbundenen Rechtssachen C-34/95, C-35/95 und C-36/95 (De Agostini und TV-Shop, Urteil vom 9. Juli 1997, Slg. 1997, I-3843).


53: -     Zu einer solchen Regelung siehe Generalanwalt Van Gerven in seinen Schlussanträgen in den verbundenen Rechtssachen C-401/92 und C-402/92 (Urteil zitiert in Fußnote 19), Nr. 22; vgl. auch Thurnher/Hohensinner (zitiert in Fußnote 39), 496.


54: -     Urteil vom 14. Dezember 1995 in der Rechtssache C-387/93 (zitiert in Fußnote 21, Randnr. 43); Generalanwalt Lenz in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache C-391/92 (Urteil zitiert in Fußnote 20), Nr. 19.


55: -     Urteil vom 29. Juni 1995 in der Rechtssache C-391/92 (zitiert in Fußnote 20).


56: -     Urteil in der Rechtssache 292/92 (zitiert in Fußnote 23), Randnr. 19.


57: -     Siehe dazu allgemein Ernst, „Arzneimittelverkauf im Internet“, Wettbewerb in Recht und Praxis, 2001, 893 (896 m. w. N.).


58: -     Zum Beispiel Clarke (zitiert in Fußnote 39), S. 362.


59: -     Urteil in der Rechtssache C-412/93 (zitiert in Fußnote 24), Randnr. 19.


60: -     So zu einem Werbeverbot Generalanwalt Jacobs in seinen Schlussanträgen in den verbundenen Rechtssachen C-34/95, C-35/95 und C-36/95 (zitiert in Fußnote 52), Nrn. 97 und 99.


61: -     Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-34/95, C-35/95 und C-36/95 (Schlussanträge zitiert in Fußnote 52), Randnr. 44.


62: -     So zum Verkaufsmonopol von Apotheken Generalanwalt Lenz in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache C-391/92 (Urteil zitiert in Fußnote 20), Nr. 19.


63: -     Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-34/95, C-35/95 und C-36/95 (Schlussanträge zitiert in Fußnote 52), Randnr. 43.


64: -     Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-34/95, C-35/95 und C-36/95 (Schlussanträge zitiert in Fußnote 52), Randnr. 44.


65: -     Siehe dazu auch die Beiträge in Schwarze (zitiert in Fußnote 45).


66: -     Siehe z. B. Heermann, „Artikel 30 EGV im Lichte der .Keck‘-Rechtsprechung: Anerkennung sonstiger Verkaufsmodalitäten und Einführung eines einheitlichen Rechtfertigungstatbestands?“, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, 1999, 579 (594), der bei Erfüllung der Voraussetzungen von Artikel 30 EG zum Schluss gelangt, dass Artikel 28 EG nicht anwendbar sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass Artikel 30 EG nur greifen kann, wenn Artikel 28 EG anwendbar ist und gegen das darin normierte Verbot auch verstoßen wird. Demgegenüber führt die Anwendung der Cassis-de-Dijon-Rechtsprechung dazu, dass nicht einmal ein Verstoß gegen Artikel 28 EG vorliegt.


67: -     Urteile vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78 (Rewe, Slg. 1979, 649) und vom 1. Juni 1994 in der Rechtssache C-317/92 (Kommission/Deutschland, Slg. 1994, I-2039).


68: -     Urteile vom 16. April 1991 in der Rechtssache C-347/89 (Eurim-Pharm, Slg. 1991, I-1747, Randnr. 27), vom 8. April 1992 in der Rechtssache C-62/90 (Kommission/Deutschland, Slg. 1992, I-2575, Randnr. 12), vom 14. Dezember 2000 in der Rechtssache C-55/99 (Kommission/Frankreich, Slg. 2000, I-11499, Randnr. 42) und vom 10. September 2002 in der Rechtssache C-172/00 (Ferring, Slg. 2002, I-0000, Randnr. 34).


69: -     Vgl. das Urteil vom 25. Juli 1991 in den verbundenen Rechtssachen C-1/90 und C-176/90 (Aragonesa und Publivía, Slg. 1991, I-4151, Randnr. 16).


70: -     Urteil vom 21. September 1999 in der Rechtssache C-124/97 (Läärä u. a., Slg. 1999, I-6067, Randnr. 36).


71: -     Zu einer solchen Konstellation siehe das Urteil vom 10. Januar 1985 in der Rechtssache 229/83 (Leclerc, Slg. 1985, 1).


72: -     Zur Niederlassungsfreiheit: Urteil vom 9. März 1999 in der Rechtssache C-212/97 (Centros, Slg. 1999, I-1459, Randnrn. 26 f.).


73: -     Vgl. die Urteile vom 12. November 1996 in der Rechtssache C-201/94 (Smith & Nephew und Primecrown, Slg. 1996, I-5819) betreffend die Richtlinie 65/65, und vom 12. Oktober 1999 in der Rechtssache C-379/97 (Upjohn, Slg. 1999, I-6927) betreffend Markenrechte im Arzneimittelbereich.


74: -     Urteil vom 8. April 1992 in der Rechtssache C-62/90 (Kommission/Deutschland, Slg. 1992, I-2575, Randnr. 19).


75: -     Urteil vom 7. März 1989 in der Rechtssache 215/87 (Schumacher, Slg. 1989, 617, Randnr. 21) betreffend das Fehlen von Kontrollen bei bestimmten Einfuhrarten.


76: -     Urteil Schumacher (zitiert in Fußnote 75), Randnr. 20.


77: -     Vgl. die Urteile vom 28. April 1998 in der Rechtssache C-158/96 (Kohll, Slg. 1998, I-1931, Randnrn. 48 ff.) und vom 12. Juli 2001 in den Rechtssachen C-368/98 (Vanbraekel u. a., Slg. 2001, I-5363, Randnr. 48) sowie C-157/99 (Smits und Peerbooms, Slg. 2001, I-5473, Randnr. 73).


78: -     Urteil vom 12. März 1987 in der Rechtssache 178/84 (Kommission/Deutschland, Slg. 1987, 1227, Randnr. 46) und in der Rechtssache C-158/96 (zitiert in Fußnote 77), Randnr. 52.


79: -     Urteil vom 1. Juni 1994 in der Rechtssache C-317/92 (zitiert in Fußnote 67), Randnr. 20.


80: -     Urteil in der Rechtssache C-317/92 (zitiert in Fußnote 67), Randnr. 18.


81: -     Urteil in der Rechtssache C-158/96 (zitiert in Fußnote 77), Randnr. 52.


82: -     Zu einem Werbeverbot siehe auch das Urteil vom 8. März 2001 in der Rechtssache C-405/98 (Konsumentombudsmannen, Slg. 2001, I-1795, Randnr. 19).


83: -     Urteil in der Rechtssache C-320/93 (zitiert in Fußnote 10), Randnrn. 19 f.


84: -     Siehe etwa Ernst (zitiert in Fußnote 57), 897; Koenig/Müller, „Der werbliche Auftritt von Online-Apotheken im Europäischen Binnenmarkt“, Wettbewerb in Recht und Praxis, 2000, 1366 (1367 ff.), denen zufolge § 3a dann anwendbar ist, wenn das Internet-Angebot in Deutschland nicht zugelassene Arzneimittel umfasst und Angaben enthält, die als Werbung für die nicht zugelassenen Arzneimittel zu qualifizieren sind (1372).


85: -     Zur weiten Auslegung des Begriffes Werbung siehe das Urteil vom 25. Oktober 2001 in der Rechtssache C-112/99 (Toshiba Europe, Slg. 2001, I-7945, Randnr. 28) betreffend die irreführende Werbung.


86: -     Koenig/Müller (zitiert in Fußnote 84), 1368.


87: -     Ernst (zitiert in Fußnote 57), 897.


88: -     Siehe dazu aus dem Arzneimittelrecht das Urteil in der Rechtssache C-320/93 (zitiert in Fußnote 10), Randnr. 15.


89: -     Richtlinie 89/552/EWG des Rates (zitiert in Fußnote 13).


90: -     Zu Schwierigkeiten der Trennung z. B. Todino/Lüder, „La jurisprudence .Keck‘ en matière de publicité: vers un marché unique“, Revue du marché unique européen, 1995, 181 ff.


91: -     Urteile vom 26. April 1988 in der Rechtssache 352/85 (Bond van Adverteerders u. a., Slg. 1988, 2085), in den verbundenen Rechtssachen C-34/95, C-35/95 und C-36/95 (zitiert in Fußnote 52) und vom 28. Oktober 1999 in der Rechtssache C-6/98 (ARD, Slg. 1999, I-7599).


92: -     In dieser Richtung Stuyck, Common Market Law Review, 1997, 1445 (1467).